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Mysore

[612] Mysore (spr. Meißuhr, im Sanskrit Mahesvara), 1) früher ein ansehnlicher Staat im südlichen Theile Ostindiens auf dem Tafellande, welches sich von den westlichen Ghats bis zu den östlichen erstreckt, im Allgemeinen 1800–3000 Fuß über dem Meere liegt, vom Cauvery, den Zuflüssen der Toombudra u. dem Penair bewässert wird u. ein freundliches Klima hat; Ackerbau, zum Theil mit künstlicher Bewässerung u. sehr ergiebig (allerhand Südfrüchte), Viehzucht, Jagd auf Elephanten (in Herden bis zu 200 Stück), Affen, Tiger, Bären, Antilopen etc.; Bergbau auf Eisen, Edelsteine etc.; Handel. Der Staat von M. in seinen gegenwärtigen Grenzen umfaßt 1455 QM. mit 3,460,700 Ew. u. zerfällt in die vier Districte: Bangalore, Mysore, Chitradroog u. Bednore. Die Residenz der Fürsten od. Kurtur ist Mysore. Die jährl. Einnahmen betragen 6,932,000 Rupien. – M. war ehemals eins der mächtigsten Reiche Vorderindiens. Ihre Herrscher schrieben sich von einem in Guzurate mächtigen Stamme her, u. der erste bekannte Herrscher ist Ram Radsch, welcher 1500 zur Regierung kam; seine Nachfolger waren: Tim Radsch, der 1548 regierte; Hir Ram Radsch, starb 1576; Ram Radsch, bis 1637; Immader Radsch, bis 1638; Kanty Revynarsa Radsch, bis 1659; Dschik Deo Radsch, bis 1704; Kanty Radsch, bis 1714; Dud Kischen Radsch, bis 1731; Dschik Kischen Radsch, bis 1755; diesen entriß 1755 (1760) Hyder Ali die Herrschaft, hielt ihn gefangen u. ließ ihm nur den Titel. 1762–65 kriegte er mit den Mahratten u. eroberte Coimbatore, Cananore, Calicut, Canara, Bednore u. m. a. benachbarte Nabobschaften, so daß er 1766 ein Gebiet von 3360 QM. mit 18 Mill. Thlrn. Einkünften besaß. In diesem Jahre starb der Radscha Dschik Kischen u. Hyder Ali bemächtigte sich nun ganz der Herrschaft; 1767–69 u. 1780 führte er mit der Englisch-ostindischen Compagnie Kriege, in denen er von den Franzosen unterstützt wurde, s. Indien (Gesch.). Er schützte Künste u. Handel, war tolerant u. mild u. st. 1782; sein Sohn Tippo Saib folgte ihm. Das Land war noch mit den Engländern in Krieg verwickelt, die Briten rückten daher im Februar 1783 in M. ein, eroberten mehre Städte u. singen sogar einen Theil der Familie des Sultans. Aber Tippo eilte mit 25,000 Mann (unter denen sich 1000 Franzosen befanden) herbei, schloß die Briten in Bednor ein u. zwang sie am 9. April 1783, eine Capitulation abzuschließen, der zu Folge sie die Stadt räumen u. nach Bombay zurückkehren sollten. Diese Capitulation wurde aber gebrochen u. das englische Corps gefangen behalten, bis auf die Nachricht von dem Frieden von Versailles Tippo am 11. März 1784 den Frieden von Mangalor abschloß, dem zu Folge er die von den Briten besetzten Theile seiner Staaten wieder erhielt, aber auch die Länder der Radschas von Tanjoore u. Travancore räumen mußte. Tippo nahm nun den Titel eines Sultans, ja den eines Padischah an, wodurch er eine Souveränetät über alle Fürsten Hindostans prätendirle. Er wollte sich nun ganz Ostindien unterwerfen, wenigstens die Engländer daraus vertreiben; griff im December 1789 den Radscha von Travancore, einen Verbündeten der Briten, an, u. hieraus entspann sich ein für ihn unglücklicher Krieg. Die Engländer drangen mit den Mahratten u. dem Nizam von Hyderabad 1790 u. 1791 in M. vor, eroberten mehre feste Städte u. belagerten zuletzt den Sultan in seiner Hauptstadt Seringapatam, vor welcher am 5. Febr. 1792 die englischen Generale Cornwallis u. Abercromby erschienen. In dieser Noth schloß Tippo am 18. März 1792 Frieden, in welchem er den Briten fast die Hälfte seiner Staaten übergab; wovon sie einen Theil (Barramani, Dinoigul, Pakikadschery etc.) für sich behielten, andere Theile den Mahratten u. dem Nizam von Dekan gaben. Bei M. blieben noch 2662 QM. mit gegen 10 Mill. Einkünften. Von da an wurde Tippo Saib herrschsüchtiger, unduldsamer u. grausamer; er verfolgte die Braminen u. zwang die Christen zur Auswanderung. Da er, nm sich an den Briten zu rächen, in Indien keine Bundesgenossen fand, so ließ er sich in Unterhandlungen mit dem französischen Directorium ein u. schickte 1797 nach Ile de France, um Hülfstruppen zu erhalten. Der dortige Gouverneur schickte ihm einige Offiziere u. Unteroffiziere, u. diese, sowie die Landung Bonapartes in Ägypten, dienten den Engländern zum Vorwande, zu einem neuen Kriege gegen Tippo; er wurde von Stuart am 6. März 1799 bei Sidasir u. am 27. März bei Malaweli von Harris geschlagen. Daher sah er sich zum Rückzuge nach Seringapatam genöthigt, welche Stadt den 4. April mit Sturm erobert wurde; Tippo selbst blieb dabei. Seine Kinder u. Verwandten wurden in die Festung Vellore im Carnatik verwiesen, wo sie von den Briten eine ansehnliche Pension erhielten. Die Briten behielten [612] Seringapatam u. einen Theil des Districts Bullom, ferner Coimbeltor, Kanara u. m. (zusammen etwa 800 QM.) für sich, gaben mehre Districte (zusammen 480 QM.) dem Nizam von Dekan, einem unterjochten Radscha von Coorg sein ihm früher geraubtes Gebiet zurück u. ließen das Übrige einem Abkömmlinge der alten Dynastie, Maharadscha Krischna Adiaver, welcher jedoch nur dem Namen nach regiert, da die Verwaltung des Landes durch eine britische Commission erfolgt. Die Hauptmilitärstation der Briten im Lande ist Bangalore. 2) Hauptstadt des Staates gleiches Namens in Vorderindien; regelmäßig, zum großen Theil aus Teakholz erbaut, mit Wall u. Fort versehen; Palast des Radscha od. Kurtur, Sitz des britischen Residenten; 54,730 Ew.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 612-613.
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