[go: up one dir, main page]

Wassersäulenmaschine

[420] Wassersäulenmaschine (Wasserdruckmotor), Maschine zur Nutzbarmachung hoher Wassergefälle, besteht wie die Dampfmaschine aus einem Zylinder, in dem ein Kolben durch den Wasserdruck hin und her geschoben wird. Die Steuerung des Ein- und Austrittes des Wassers muß zur Vermeidung von Wasserstößen so erfolgen, daß die Ein-, bez. Austrittskanäle ganz allmählich geöffnet und geschlossen werden. Trotzdem müssen die ältern, größern Wassersäulenmaschinen ohne Schwungrad, wie sie zur Entwässerung der Bergwerke benutzt werden, sehr langsam laufen. Bei Anwendung eines Schwungrades werden höchstens 12 Doppelhübe in der Minute ausgeführt. Erst Roux gelang es, ohne Anwendung eines Schwungrades 50 Doppelhübe in der Minute zu erreichen, und zwar durch die besondere Art der Steuerung. Die ersten Versuche, Wassersäulenmaschinen zu konstruieren, datieren aus der Zeit nach Newcomens Dampfmaschine (s. Dampfmaschine, S. 458). Die Wassersäulenmaschinen von Höll (in Ungarn), Winterschmidt (in Deutschland) und Westgarth (in England) wurden fast gleichzeitig um die Mitte des 18. Jahrh. erfunden und hauptsächlich in Ungarn, Kärnten und später in Sachsen bei Bergwerken benutzt. 1808 ersetzte Reichenbach die bis dahin als Steuerungsorgane gebräuchlichen Hähne durch Kolben. Weitere Verbesserungen schuf Jordan und Taylor, Darlington u. a. führten in den 1840er Jahren Ventilsteuerung ein. Armstrong konstruierte zu Anfang des 19. Jahrh. Wassersäulenmaschinen mit rotieren der Bewegung. Während man größere Wassersäulenmaschinen fast ausschließlich zu Hebezwecken, als Motoren für Pumpen (speziell Bergwerkspumpen), Krane, Auszüge etc. verwendet, bei denen eine rotierende Bewegung ganz ausgeschlossen ist, oder nur als Hilfsmittel zum Betrieb der Steuerung Verwendung findet, können Wassersäulenmaschinen mit Kurbelgetriebe und Schwungrad zur Ausnutzung kleiner Wasserkräfte, besonders der Druckkraft in Wasserleitungen, als Kraftmaschinen für den Kleinbetrieb benutzt werden. Bei dem Motor von Schmidt in Zürich (Schmidtscher Motor) bewegt sich im Zylinder A (s. Abbildung) der Kolben a dadurch hin und her, daß das Wasser aus der Wasserleitung L abwechselnd durch die Kanäle c und d auf die beiden Kolbenseiten tritt, während es in umgekehrter Reihenfolge durch dieselben Kanäle in den Austrittskanal K weggeführt wird. Die Kolbenstange b wirkt auf die mit Schwungrad S versehene Kurbelwelle o, wodurch die Drehbewegung erzeugt wird. Der Zylinder A schwingt hierbei um eine horizontale Achse und bewirkt dadurch die Umsteuerung des Wasserein- und -Austritts, indem die Kanäle c und d abwechselnd vor L und K gelangen.

Schmidtscher Motor.
Schmidtscher Motor.

Der Windkessel W reguliert die Wasserspeisung. Man hat bei derartigen kleinen Wassersäulenmaschinen auch eine Art Expansion zur Anwendung gebracht, indem man in den Zylinder Luft einführte (Motor von Ph. Mayer in Wien). Alle diese Wassermotoren haben gegenwärtig nur noch geringe Bedeutung, da eine Kraftübertragung durch Druckwasserleitungen nur in wenigen Fällen vorteilhaft ist. Vgl. v. Hauer, Die Wasserhaltungsmaschinen der Bergwerke (Leipz. 1879); Musil, Motoren für Gewerbe und Industrie (3. Aufl., Braunschw. 1897); Knoke, Kraftmaschinen des Kleingewerbes (2. Aufl., Berl. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 420.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika