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Tobler

[582] Tobler, 1) Titus, schweizer. Sprachforscher und Palästinaforscher, geb. 25. Juni 1806 in Stein (Kanton Appenzell), gest. 21. Jan. 1877 in München, studierte Medizin in Zürich, Wien, Würzburg und Paris, ließ sich dann in seiner Heimat als Arzt nieder, widmete sich aber nebenbei dem Studium der schweizerischen Volkskunde und der Palästinaforschung, derentwegen er vier Reisen (1835, 1840, 1857 und 1865) nach dem Orient unternahm. Von 1853–71 war er Mitglied des eidgenössischen Nationalrats. Später siedelte er nach München über. Er veröffentlichte: »Appenzellerischer Sprachschatz« (Zürich 1837); »Lustreise ins Morgenland« (das. 1839, 2 Bde.); »Topographie von Jerusalem und seinen Umgebungen« (Berl. 1853–1854, 2 Bde.); »Denkblätter aus Jerusalem« (Konst. 1853); »Dritte Wanderung nach Palästina« (Gotha 1859); »Bibliographia geographica Palaestinae« (Leipz. 1867); »Nazareth in Palästina« (Berl. 1868); »Descriptiones terrae sanctae ex saeculo VIII., IX., XII. et XV.« (Leipz. 1874) u. a. Vgl. Heim, Titus T. (Zürich 1879); Röhricht, »Bibliotheca geographica Palaestinae«, Nr. 1824 (Berl. 1890).

2) Adolf, roman. Philolog, geb. 24. Mai 1835 in Hirzel (Kanton Zürich), Sohn des dortigen Pfarrers Salomon T. (gest. 1875 in Zürich), der sich durch die epischen Dichtungen: »Die Enkel Winkelrieds« (Zürich 1837) und »Kolumbus« (das. 1846) einen literarischen Namen gemacht hat, studierte in Bonn, wo er 1857 promovierte, lebte dann in Rom, in Toskana und Paris, bis er 1861 eine Stelle an der Kantonschule in Solothurn erhielt. 1867 habilitierte er sich an der Universität in Bern, folgte aber noch in demselben Jahr einem Ruf als Professor der romanischen Sprachen nach Berlin, welche Stelle er, seit 1881 auch Mitglied der dortigen Akademie der Wissenschaften, noch jetzt bekleidet. Er veröffentlichte: »Darstellung der lateinischen Konjugation und ihrer romanischen Gestaltung« (Zürich 1857); »Bruchstücke aus dem Chevalier an lyon« (Soloth. 1862); »Italienisches Lesebuch« (2. Aufl., das. 1868); eine Ausgabe des altfranzösischen Dichters Jehan de Condet (Stuttg., Literarischer Verein, 1860); »Mitteilungen aus altfranzösischen Handschriften« (Leipz. 1870); »Die Parabel von dem echten Ring« (das. 1871; 2. Aufl., das. 1884); die Ausgaben des altvenezianischen Dionysius Cato (1883), des Uguçon da Laodho (1884), Girard Pateg (1886); »Vom französischen Versbau alter und neuer Zeit« (Leipz. 1880, 4. Aufl. 1903; franz. Übersetzung der 2. Aufl., Par. 1885); »Vermischte Beiträge zur französischen Grammatik« (Leipz. 1886, 2. Aufl. 1902; zweite Reihe 1894, 2. Aufl. 1906; dritte Reihe 1899; franz. Bearbeitung von Kuttner und Sudre u. d. T. »Mélanges de grammaire française«, Par. 1905); »Li proverbe ou vilain« (Par. 1895) und zahlreiche Abhandlungen in Zeitschriften etc. Seine Arbeiten sind durch Scharfsinn, Sorgfalt und Methode so hervorragend, daß sie als Musterleistungen[582] zu bezeichnen sind. Er hat besonders die altfranzösische Syntax gefördert. – Sein Bruder Ludwig T., geb. 1827, seit 1872 Professor der germanischen Philologie an der Universität in Zürich, gest. 19. Aug. 1895, ein feinsinniger Sprachforscher, schrieb außer Abhandlungen in Zeitschriften: »Über die Wortzusammensetzung« (Berl. 1868) und gab »Schweizerische Volkslieder« (Frauens. 1882–84, 2 Bde.) sowie mit F. Staub u. a. das »Schweizerische Idiotikon« (das. 1885 ff.) heraus. Seine »Kleinen Schriften zur Volks- und Sprachkunde« gaben Bächtold und Bachmann heraus (Frauens. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 582-583.
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