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Tyros

[852] Tyros (hebr. Sor, »Felsen«), neben Sidon die wichtigste und reichste Hafenstadt Phönikiens, 38 km[852] von Sidon, ursprünglich auf zwei kleinen, flachen, aber felsigen Inseln, die im 10. Jahrh. v. Chr. von König Hiram, dem Freunde Davids und Salomos, durch Ausschüttung vereinigt wurden. Die Doppelinsel, 1600 Schritt von der Festlandküste entfernt, hatte nur 22 Stadien (5300 Schritt) im Umfang, weshalb man genötigt war, die Häuser sehr hoch (5–6 Stockwerke) zu bauen. Auf ihr stand der Tempel des Stadtgottes Melkart. Seit der Zeit Hirams gewann T. die Oberhand über Sidon und war bis ins 10. und 9. Jahrh. die herrschende Macht in Palästina. Gleichzeitig nahm es eine führende Stellung im Mittelmeer ein und übte die Oberherrschaft über die nordafrikanischen Punier durch Gründung der Kolonie Karthago (s. Phönikien, S. 807) aus. Die assyrischen Könige Salmanassar und Sargon, dann wieder (673 bis 668) Assarhaddon und Assurbanipal belagerten T. vergeblich; auch Nebukadnezar konnte es 573 nach 13jähriger Belagerung nicht erobern. Von Alexander d. Gr. wurde T. nach siebenmonatiger Belagerung durch die Flotte und das Landheer, das auf einem Erddamm vorging, erobert (im August 332). Dieser Damm verbreiterte sich durch Anspülung zu jenem Isthmus, der die Insel heute mit dem Festland verbindet. Unter der römischen Herrschaft behielt T. Freiheit und eigne Verfassung, blühte durch Anfertigen von Metallwaren, Weberei und Purpurfärberei und ward vom Kaiser Severus zur römischen Kolonie erhoben. In den Kreuzzügen wurde T. bis 1191 standhaft behauptet. Friedrich I. Rotbart wurde 1190 dort begraben. Unter der türkischen Regierung kam T. herab; Erdbeben ließen ganze Stadtteile unter den Meeresspiegel versinken. Das heutige Sur erfüllt kaum ein Dritteil der ehemaligen Insel und ist ein Ort von einigen hundert elenden Häusern mit 6000 Einw. (zur Hälfte Mohammedaner, zur Hälfte Christen, wenige Juden). Der Hafen ist versandet. Das interessanteste Gebäude ist die aus dem 12. Jahrh. stammende Kreuzfahrerkirche. Vgl. F. Jeremias, Tyrus bis zur Zeit Nebukadnezars (Leipz. 1891); Lucas, Geschichte der Stadt T. zur Zeit der Kreuzzüge (Marb. 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 852-853.
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