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Rotterdam

[188] Rotterdam, Bezirkshauptstadt in der niederländ. Provinz Südholland, an der Mündung des kleinen Flusses Rotte in die Neue Maas, 18 km von deren Mündung in die Nordsee, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien R.-Breda und R.-Utrecht und der Linien R.-Haag- Amsterdam, R.-Hoek van Holland (Überfahrt nach London) und R.-Roosendaal der Holländischen Eisenbahn. Die Stadt, die von vielen schiffbaren Kanälen durchzogen wird, durchschneidet in der Richtung von NW. nach SO. ein Eisenbahnviadukt, der von der Zentralstation (im NW.) nach der Station Beurs und weiter mittels Eisenbahnbrücken nach der Insel Noordereiland und nach Feijenoord führt.

Wappen von Rotterdam.
Wappen von Rotterdam.

Die Maas und der Koningshaven werden daneben durch jur den Fahr- und Fußgängerverkehr bestimmte Brücken überspannt. R. ist nächst Amsterdam die wichtigste Handelsstadt der Niederlande und durch ihre gute Lage der natürliche Seehafen des ganzen Rhein- und Maasgebiets; die Verbindung mit dem Meere hat der neue Kanal nach dem Hoek van Holland oder der Nieuwe Waterweg sehr erleichtert. Der Verkehr wird durch die vortrefflichen Häfen befördert (s. den Lageplan), auf denen die Seeschiffe bis mitten in die Stadt gelangen.

Lageplan von Rotterdam.
Lageplan von Rotterdam.

Die Hafenanlagen sind neuerdings durch einen großen Maashafen (60 Hektar) und den Katendrechtschen Hafen erweitert worden und bedecken eine Fläche von 125 Hektar, die Kais haben eine Länge von 29 km. Unter den 25 Kirchen sind hervorzuheben: die Laurentius- oder Große Kirche (reformiert, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. erbaut), mit 64 m hohem Turm, trefflicher Orgel und den Grabmälern der Admirale Witte Corneliszoon de With, Cortenaer, van Brakel u.a., die ebenfalls reformierte Zuiderkirche (1845–49 neu aufgebaut) und die römisch-kath. St. Antoniuskirche, in gotischem Stil, vor kurzem vollendet. Andre ausgezeichnete öffentliche Gebäude sind: das Rathaus (1823–33 erneuert), das Museum Boymans (Gemälde und Kupferstiche), das durch einen Brand im Februar 1864 viele schöne Bilder verlor (das Gebäude enthält auch das städtische Archiv und eine städische Bibliothek); ferner das Museum für Völkerkunde und Seewesen (im ehemaligen Jachtklubhaus), die Börse mit einer Sammlung physikalischer Apparate und der Bibliothek der Batavischen Gesellschaft (s. unten), das neue[188] Krankenhaus, die Irrenanstalt, das Post- und Telegraphenamt, der Bahnhof der Holländischen Eisenbahn, mehrere Armenhäuser etc. An Statuen besitzt R. die des Erasmus (seit 1622), des Volksdichters Tollens (von Stracké), des Staatsmannes Grafen van Hogendorp (von Geefs), die alle hier geboren sind, und auf dem Noordereiland ein Denkmal des Ingenieurs Stieltjes, des Schöpfers der neuen Hafenanlagen. Die Bevölkerung Rotterdams belief sich 1905 auf 357,474 (inkl. der einverleibten Gemeinden Kralingen, Charlois und Delfshaven) Seelen (wovon ungefähr ein Drittel Katholiken und 6000 Juden). Die Industrie ist sehr vielseitig und erstreckt sich vornehmlich auf Schiffbau (8 Schiffswerften, darunter die Nederlandsche Stoomboot Maatschappij in Feijenoord mit mehr als 1000 Arbeitern), Seilerei, Branntweinbrennerei, Bierbrauerei, Fabrikation von Tabak und Zigarren, Schokolade, Konserven, Kunstbutter, Bleiweiß, Öl- und Getreidemüllerei, Zuckerraffinerie etc. R. ist Hauptsitz des Kommissionsgeschäfts und des Rheinhandels der Niederlande. Die Einfuhr betrug 1903: Getreide 3,5 Mill. Ton., Erze 4,2 Mill., Metalle 535,440, Petroleum 247,042, Kaffee 85,587, Tabak und Zigarren 38,725, Zucker 77,185, Talg 35,117, Sämereien 166,568, Margarine 46,162 T. Die Handelsflotte von R. zählte Ende 1903: 131 Seeschiffe von 201,763 T. Der Raumgehalt der eingelaufenen Schiffe betrug 1904: 7,657,607 Reg.-Ton. (netto). Der zum Meere führende Rotterdamsche Waterweg wurde 1903 von 21,852 Fahrzeugen von 41,400,000 cbm, der Kanal nach Amsterdam von 29,871 Fahrzeugen von 2,267,000 cbm benutzt. R. steht mit den wichtigern Handelsplätzen inner- und außerhalb Europas in regelmäßiger Dampferverbindung. Es ist Sitz eines deutschen Berufskonsuls. Unter den öffentlichen Anstalten sind besonders zu nennen: eine Akademie für bildende Künste und technische Wissenschaften, eine Musikschule, ein Gymnasium, 3 höhere Bürgerschulen für Knaben und eine für Mädchen, eine Industrieschule für Mädchen, eine Seemannsschule, ein Taubstummeninstitut, eine Blindenanstalt, 2 Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar, ein zoologisch-botanischer Garten, viele Wohltätigkeitsanstalten, industrielle und gelehrte Vereine. Unter den letztern sind hervorzuheben die Gesellschaft für experimentale Naturkunde (Bataafsch Genootschap) und der Leseverein (Leeskabinet) mit einer reichhaltigen Bibliothek. – R. wird erst seit dem Ende des 13. Jahrh. genannt. 1299 erhielt es Stadtrechte und gelangte bald zu Ansehen. 1480 nahm Franz von Brederode die Stadt ein und verteidigte dieselbe gegen den Erzherzog Maximilian. 1572 wurde sie von den Spaniern geplündert. Seitdem hat sich R. allmählich durch seinen englisch-deutschen Handel über die andern Städte Hollands erhoben. Vgl. van Reyn, Geschiedkundige beschrijving der stad R. (Rotterd. 1832–69, 2 Tle., unvollendet); »R. in den Coop der ecuwen« (Rotterd. 1906 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 188-189.
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