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Rothschild

[183] Rothschild, internationales Bankhaus, begründet von Mayer Anselm R., geb. 1743 in Frankfurt a. M. als Sohn einfacher jüdischer Handelsleute, gest. daselbst 19. Sept. 1812. Zum Rabbiner bestimmt, besuchte er einige Jahre die Religionsschule in Fürth, trat jedoch bald als Gehilfe in ein Bankgeschäft zu Hannover. Mit einem kleinen Vermögen nach Frankfurt zurückgekehrt, gründete er hier ein eignes Wechselgeschäft. Tüchtigkeit, Fleiß und Gediegenheit des Charakters erwarben ihm schnell bedeutende Aufträge und wachsenden Kredit. Durch seine Kenntnisse im Münzwesen kam er in mannigfache Berührung mit dem Landgrafen, nachherigen Kurfürsten Wilhelm I. von Hessen, der ihn 1801 zu seinem Hofagenten ernannte. Im nächsten Jahre schloß R. das erste große Anlehen seines Hauses mit dem dänischen Kabinett im Betrage von 10 Mill. Tlr. ab. Als 1806 der hessische Kurfürst vor den einrückenden Franzosen floh, übertrug er R. die Sorge für sein Privatvermögen, und es gelang diesem, nicht ohne persönliche Gefahr dasselbe zu retten. R. hinterließ außer fünf Töchtern fünf Söhne, von denen der älteste das Stammgeschäft in Frankfurt übernahm, die andern in Wien, Paris, London und Neapel neue Häuser gründeten, die zwar selbständig operierten, aber beständig Fühlung mit dem Frankfurter Haus »M. A. v. R. u. Söhne« behielten. Nachdem sie, mit Ausnahme Nathans, schon 1815 vom Kaiser von Österreich in den Adelstand erhoben worden, wurden sie 1822 sämtlich in den österreichischen Freiherrenstand aufgenommen. 1) Anselm Mayer, geb. 12. Juni 1773 in Frankfurt a. M., gest. daselbst kinderlos 6. Dez. 1855, wurde 1813 als Chef des Rothschildschen Stammhauses zum preußischen Geheimen Kommerzienrat ernannt, war seit 1820 bayrischer Konsul und Hofbankier. Seine Neffen Karl, geb. 5. Aug. 1820, gest. 16. Okt. 1886, und Wilhelm Karl, geb. 16. Mai 1828, gest. 25. Jan. 1901, Söhne seines Bruders Karl (s. d. 4), übernahmen das Frankfurter Geschäft; der erstere war eine Zeitlang Abgeordneter zum Reichstag des Norddeutschen Bundes, später Mitglied des preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit. Mit dem Tode Wilhelm Karls erlosch das Frankfurter Haus im Mannesstamm, und das Geschäft wurde zur Liquidation gebracht. Einen Teil derselben übernahm die am 1. Juli 1901 errichtete Frankfurter Filiale der Diskontogesellschaft in Berlin. – 2) Salomon, geb. 9. Sept. 1774, gest. 27. Juli 1855, stellte sich 1826 an die Spitze eines Wiener Hauses, »S. M. v. R.«; er hinterließ die Leitung des Geschäfts seinem Sohn Anselm Salomon, geb. 29. Jan. 1803, gest. 27. Juli 1874, dem dessen dritter lebender, 29. Okt. 1844 geborner Sohn, Albert, gefolgt ist. – 3) Nathan, geb. 16. Sept. 1777, gest. 18. Juli 1836 in Frankfurt a. M., hatte 1798 die Firma »N. M. R.« in Manchester gegründet, die er 1813 nach London verlegte. Er leistete dem britischen Kabinett in der Finanzkrise dieses Jahres bedeutende Dienste und gelangte zu hohem Ansehen. 1822 wurde er zum österreichischen Generalkonsul in London ernannt. Sein Nachfolger in dieser Würde sowie als Chef des Londoner Bankhauses war sein ältester Sohn, Lionel Nathan, geb. 22. Nov. 1808, gest. 3. Juni 1879. Schon früher von der Londoner City zu ihrem Vertreter im Parlament gewählt, konnte derselbe erst seit 1858 erfolgten Abänderung des Aufnahmeeides seinen Sitz einnehmen. Sein 8. Nov. 1840 geborner Sohn Nathaniel ist Mitglied des englischen Unterhauses, erblicher Baronet und seit 1885 Peer. – 4) Karl, geb. 24. April 1788, gest. 10. März 1855 in Neapel, ward Chef des 1820 gegründeten Geschäfts in Neapel, lebte viel in Frankfurt, wo er seit 1829 auch als sizilischer Generalkonsul fungierte. – 5) Jakob (James), geb. 15. Mai 1792, gest. 15. Nov. 1868, ward 1812 Chef eines Hauses in Paris, »Gebrüder R.«, und 1822 österreichischer Generalkonsul daselbst. Nachdem er die französischen Anleihen von 1830 zu 30 Mill., von 1831 zu 120 Mill., von 1832 zu 150 Mill. und von 1844 zu 200 Mill. Frank zustande gebracht, wurde er von Ludwig Philipp zum Großoffizier der Ehrenlegion ernannt, deren Mitglied er schon seit 1823 war. Die Leitung des Geschäfts übernahm sein Sohn Alfons, geb. 1. Febr. 1827 in Paris, gest. daselbst 26. Mai 1905. Vgl. »Das Haus R., seine Geschichte und Geschäfte« (Prag 1857); Reeves, The Rothschilds (Lond. 1887); v. Scherb, Geschichte des Hauses R. (Berl. 1892); Demachy, Les R., une famille de financiers juifs (Par. 1896); Ehrenberg, Große Vermögen, Bd. 1 (2. Aufl., Jena 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 183.
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