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Rahmen [1]

[574] Rahmen, die Einfassung von Bildern und Spiegeln. Bilderrahmen waren ursprünglich architektonischen Charakters und nur bei Kirchenbildern gebräuchlich. Sie wurden aus Holz, Marmor, seltener aus Metall angefertigt. Ersteres wurde bemalt, erst teilweise und zuletzt ganz vergoldet, während der Marmor anfangs bemalt und vergoldet, auch mit farbigen Inkrustationen versehen und erst seit dem Ende des 16. Jahrh. allgemein weiß gehalten wurde. An gotischen Altarbildern haben sich gleichzeitige R. noch am meisten erhalten. Häufiger sind die R. aus dem 16. Jahrh., unter denen besonders der zu Dürers Allerheiligenbild (nach der Zeichnung des Meisters im Germanischen Museum zu Nürnberg) hervorzuheben ist. Im 16. Jahrh. erfuhr der R. auch für den profanen Gebrauch hohe künstlerische Ausbildung, die den frühern architektonischen Charakter allmählich aufgab und mehr allgemeinen dekorativen Gesetzen folgte. Die Barockkunst des 17. und die Rokokokunst des 18. Jahrh. bevorzugten ausschließlich Goldrahmen mit reichen, schweren, bis zur grenzenlosen Üppigkeit getriebenen Ornamenten in Holzschnitzerei. In den Niederlanden und in Deutschland waren um dieselbe Zeit (nach der Überlieferung des 15. Jahrh.) schwarze und braune R., bisweilen mit schmalen Goldleisten an den innern Seiten, im Gebrauch. Der Geschmack des 18. Jahrh. ersetzte in öffentlichen Gemäldegalerien die ältern R. meist durch Produkte der Zeit. Der Goldrahmen ist bis auf die Gegenwart für Einrahmung von Bildern und Spiegeln herrschend geblieben und hat seit dem Aufschwung der Kunstindustrie zu Anfang der 1870er Jahre reiche Ausbildung im Anschluß an die Muster der Renaissance, des Barock- und Rokokostils erfahren. Der Hauptsitz der deutschen Rahmenindustrie ist Berlin, das auch das Ausland (England, Amerika, Australien) mit Bilder- und Spiegelrahmen versorgt. Neben geschnitzten R. spielen in der Massenfabrikation R. mit Ornamenten aus Papiermaché und andern Kompositionen eine Hauptrolle. Auch werden Bilderrahmen häufig aus braun gebeiztem Eichenholz und schwarzem polierten Holz angefertigt. Neben Holzrahmen gibt es R. aus Bronze, Cuivre poli, gestanztem und gepreßtem Blech, Schmiede- und Gußeisen, solche, deren Holzgestelle mit Seide, Atlas, Samt, Plüsch, Leder und andern Stoffen überzogen und mit allerlei Zierat (Stickereien) versehen sind. Auf Gemäldeausstellungen begegnet man oft R., mit unsymmetrisch angebrachten Blumen, Zweigen, Früchten, Schaltieren, Muscheln u. dgl. dekoriert. Venezianische und böhmische Spiegel sind meist mit R. aus geschliffenen und gravierten Glasplatten und aus farbigen und farblosen Glasblumen versehen. In neuester Zeit hat sich gegen die üppige Ausstattung der Bilderrahmen eine Gegenbewegung geltend gemacht, in deren Folge jetzt möglichst einfache R., welche die Wirkung eines Gemäldes nicht beeinträchtigen, bevorzugt werden, schwarz, braun, grau, hellgrün etc. gestrichene, mehr oder weniger glatte Leisten, die auch bei Einrahmung von Stichen, Photographien etc. angewendet werden. Vgl. Lessing, Vorbilderhefte aus dem königlichen Kunstgewerbemuseum in Berlin, Heft 1–4: Rahmen (Berl. 1888); Bock, Florentinische und venezianische Bilderrahmen aus der Zeit der Gotik und der Renaissance (Münch. 1902); Guggenheim, Le cornici italiani (100 Tafeln, Mail. 1896). – Im Maschinenbau bedeutet R. oft ein Gestell; in der Schuhmacherei am Rande genähte Sohlen. Rahmenarbeit, Herstellung seiner Wollwaren (Phantasieartikel) durch Nähen im R.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 574.
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