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Rudolf von Ems

[235] Rudolf von Ems, deutscher Epiker des Mittelalters, ein Schweizer von Geburt, stand in Diensten des Grafen von Montfort und dichtete zwischen 1220 und 1254, in welchem Jahr er vermutlich als Begleiter Kaiser Konrads IV. »in welschen Landen« starb. Er war einer der gelehrtesten und zugleich fruchtbarsten Dichter seiner Zeit, dessen Werke jedoch nicht alle erhalten sind. Seine Dichtungen zeichnen sich durch Anmut und Innigkeit der Erzählung, sittliche Reinheit und formelle Meisterschaft aus. Als sein Vorbild bezeichnete er selbst Gottfried von Straßburg. Von den uns überlieferten Werken ist die Erzählung »Der gute Gerhard« das älteste und zugleich beste, eine schöne Verherrlichung der Demut christlichen Sinnes, wahrscheinlich nach lateinischer Quelle bearbeitet (hrsg. von M. Haupt, Leipz. 1840; übersetzt von Lersch, Bonn 1847; von Simrock, 2. Aufl., Stuttg. 1864). Ihr folgten: »Barlaam und Josaphat«, etwa zwischen 1225 und 1230 nach einer aus dem Griechischen ins Lateinische übertragenen Bearbeitung der Sage von der Bekehrung eines indischen Königssohnes zum Christentum verfaßt (hrsg. von Köpke, Berl. 1818; besser von Pfeiffer, Leipz. 1843); »Wilhelm von Orlens«, ein schwächeres Werk Rudolfs, das die willkürlich ausgeschmückte Geschichte Wilhelms des Eroberers zum Gegenstand hat (hrsg. von Junk, Berl. 1905; vgl. Zeidler, Die Quellen von Rudolfs von Ems Wilhelm von Orlens, das. 1894); »Alexander« (unvollendet und noch ungedruckt); »Weltchronik«, Rudolfs letztes, dem Kaiser Konrad IV. gewidmetes Werk, das im Anschluß an die Bibel, die »Historia scholastica« des Petrus Comestor und das »Pantheon« Gottfrieds von Viterbo die Weltgeschichte von der Schöpfung bis zu Salomos Tod in schlichter, aber rasch fortschreitender und warmer Darstellung erzählt und noch im 13. Jahrh. mit dem ähnlichen, aber weit schlechtern Werk eines Unbekannten verschmolzen wurde (vgl. Vilmar, Die zwei Rezensionen und die Handschriftenfamilien der Weltchronik Rudolfs von Ems, Marburg 1839).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 235.
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