[57] Röhren werden aus Metall, Holz, Stein, Ton, Zement, Glas, Kautschuk, Papier hergestellt. Metallröhren sind mit oder ohne Naht (nahtlose R.). Erstere werden aus Metallstreifen (Platinen) hergestellt, die durch Rundbiegen die Rohrform erhalten oder durch schraubenförmiges Wickeln zu einem Hohlzylinder (Spiralröhren) geformt und an den Rändern durch Löten und Schweißen, mitunter durch Nieten oder Falzen vereinigt werden. Die nahtlosen R., die sich im allgemeinen durch größere Sicherheit unter innerm Druck auszeichnen, erzeugt man durch Gießen (s. Eisengießerei, S. 556) oder durch Strecken von Metallhohlkörpern zur gewünschten Länge, Weite und Dicke. Gewöhnlich sind Metallröhren rund; andre Formen zu mancherlei Verwendungen im Bauwesen, zu Möbeln, Fahrrädern etc. sind oval, viereckig, sechseckig etc. und werden durch Umformen runder R. durch Walzen oder Ziehen erhalten.
Zum Aufbiegen der aus Blech geschnittenen oder gewalzten Streifen benutzt man meist den Ziehring (Ziehscheibe) oder das Walzwerk, bisweilen auch die Rundmaschine (s. Tafel »Blechbearbeitungsmaschinen«). Der Ziehring d (Fig. 1) ist eine Stahlscheibe mit rundem Loch, durch das man auf einem niedrigen Gestell (Ziehbank) vermittelst einer Zange, wie bei Draht, die am Ende tütenförmig zusammengezogene Schiene c c hindurchzieht. Zur Stützung des Rohres befindet sich in dem Ziehloch ein Dorn e aus Gußeisen oder Stahl an der Stange ab und in dem Rohr selbst ein Eisenpfropfen p, damit die Ziehzange das Rohr nicht zusammendrückt.
Das Rohrwalzwerk besteht aus zwei Scheiben (Fig. 2), die an der Oberfläche halbrunde Rillen besitzen und infolge der ihnen erteilten Drehung die Schiene c c zuerst ohne Dorn durch- und später über den Dorn e hinwegziehen. Stärkere Streifen zur Anfertigung eiserner R. erhalten vielfach eine Vorbiegung in Zangen mit U-förmigem Maul (Krokodil) oder in Gesenken.
Beim Rundbiegen werden die Schienenränder entweder stumpf aneinander oder mit abgeschrägten Rändern (Lappen) übereinander geschoben. Zum Zusammenlöten benutzt man bei Kupfer, Messing, Neusilber etc. Hartlot, indem man die mit Borax und Lot belegten Ränder durch einen etwa 1,5 m langen Lötofen so langsam hindurchzieht, daß das Lot schmilzt. Zum Zwecke des Zusammenschweißens werden die gerollten Platinen in einem langen Schweißofen auf der ganzen Länge erhitzt und dann sofort durch ein gleiches Walzwerk (Fig. 2), das unmittelbar vor dem [57] Ofen steht und einen Dorn hat, zusammengeschweißt. Nach einer andern Methode erfolgt die Erhitzung zum Löten oder Schweißen mittels Wasserstoff- oder Wassergasgebläses und das Zusammenschweißen mittels Hämmern. Auch vereinigt man die Ränder durch Zusammenschmelzen mittels Thermit. Die gelöteten und geschweißten R. erhalten ihr letzte Ausbildung zum Zwecke des Glättens und Erzielung genauer Durchmesser durch Ziehen und werden vielfach durch Rollen unter einer beschwerten hin und her gehenden Eisenplatte auf einer ebenen Gußeisentafel gerade gerichtet.
Die Hohlkörper zur Herstellung nahtloser R. werden durch Gießen, Lochen, Bohren, Pressen oder Walzen hervorgebracht. Beim Lochen wird durch einen Metallblock ein Stahldorn gewöhnlich mittels hydraulischen Druckes getrieben. Durch Pressen erzeugt man den Hohlkörper aus einer runden Blechscheibe, indem man diese mittels eines Stempels durch einen runden Ring zu einem gefäßartigen Körper formt. Zur Bildung von Hohlkörpern durch Walzen eignet sich besonders das Mannesmannsche Schrägwalzverfahren (Hohlwalzverfahren). Hierzu dienen zwei Walzen a und b (Fig. 3), deren Achsen sich kreuzen. Am Eintrittsende, d.h. da, wo sie das Arbeitsstück c zuerst erfassen, sind sie kegelförmig und mit spiralförmigen Rillen versehen, so daß wulstartige Erhöhungen (Treibwülste) entstehen.
Beide Walzen drehen sich nach einer Richtung und versetzen daher das zwischengeschobene massive zylindrische Werkstück c in Drehung, wobei vermöge der schrägen Walzenstellung das Metall, das die Oberfläche des glühenden Werkstückes bildet, schneller vorwärts gezogen wird, als das Metall der innern Schichten zu folgen vermag, so daß sich eine Höhlung und im weitern Verlauf eine Röhre bildet. Die Praxis fordert es, diesen Vorgang, das Zurückbleiben des Kernes, durch Entgegenhalten des feststehenden Dornes d zu unterstützen, weil die Höhlungen ohne Dorn sich nicht stets genau konzentrisch bilden und ihre Innenfläche überaus rauh wird. Die sich bildende Röhre schiebt sich also über den Dorn, wobei eine Umlagerung des Metalls in schraubenförmiger Richtung um die Längenachse stattfindet. Das Strecken der Hohlkörper geschieht durch Walzen und Ziehen, wobei zu bemerken ist, daß das Durchpressen durch Ziehlöcher jetzt ebenfalls Ziehen genannt wird. Das gewöhnliche Walzen der R. stimmt mit dem Walzen massiver Stäbe zwischen Kaliberwalzen überein, nur muß auch hier (Fig. 2) das Rohr c durch einen Dorn e gegen das Knicken geschützt werden. Soll die Rohröffnung sich hierbei zugleich aber um das Verhältnis der Streckung vermindern, so füllt man das Rohr mit einer Masse (Sand) aus, die sich mitstreckt und nachher beseitigt wird. Zur Beschleunigung der Streckung, namentlich wenn die Metalle heiß gewalzt werden, können mehrere Walzen hintereinander mit abnehmenden Kalibern angebracht werden, wobei man die Walzenachsen abwechselnd horizontal und vertikal anordnet und die Dorne auf einer gemeinschaftlichen Stange sitzen. Von großer Bedeutung für das Auswalzen von Hohlkörpern, namentlich im Anschluß an das Mannesmannsche Verfahren, ist das ebenfalls von Mannesmann ausgeführte Pilgern auf dem Pilgerschrittwalzwerk (s. Walzen). Bei diesem Walzwerk sind (Fig. 4) zwei drehende Scheiben s s in Tätigkeit, die auf dem Umfang ein halbrundes, zum Teil sich erweiterndes Kaliber a besitzen, so daß beide Kaliber wie ein Trichter oder wie das Loch in einem Zieheisen zur Wirkung gelangen und das Rohr r über einen Dorn d hinwegstrecken, während der zylindrische Teil b c des Kalibers das Rohr kalibriert.
Das letztere macht dabei von einem Schwinghebel aus zugleich eine Hin- und Herbewegung, wovon der Name herrührt. Um diese Bewegung zu ermöglichen, müssen die Walzen das Arbeitsstück zeitweilig frei geben, zu welchem Zwecke sie von der Peripherie durch Aussparungen e e unterbrochen sind. Zur Erzeugung der kegelförmigen R. aus schmiedbarem Eisen werden kegelförmige Blöcke durch Eintreiben kegelförmiger Dorne in Hohlkörper verwandelt, die dann wie Flachschienen ausgewalzt und vermittelst eines Walzenpaares (Fig. 5), das ein kegelförmiges Kaliber besitzt, wieder ausgeweitet werden. Diese R. bilden unter anderm das Material zu den hohen Masten für elektrische Stromleitungen u. dgl.
Das Ziehen von Metallröhren ist von Ehrhardt in Düsseldorf so weit ausgebildet, daß man aus einem Block in einer Hitze ein fertiges Rohr herstellt. Bei diesem Verfahren wird ein viereckiger Block. z. B. aus Flußeisen, glühend in einen zylindrischen Preßtopf mit wegnehmbarem Boden gebracht und hier durch einen Dorn mittels Wasserdruckes in ein U-förmiges Zylinderstück verwandelt. Man entfernt dann den Boden des Preßtopfes und drückt ohne Aufenthalt mit demselben Dorn den Hohlkörper durch mehrere in bestimmten Zwischenräumen hintereinander gestellte Ziehringe, wodurch das Rohr vollständig ausgebildet ist. Zum Ausbringen des langen Dornes dient ein Schrägwalzwerk, welches das Rohr so viel weitet, daß es von dem Dorn abzuschieben ist. Nach diesem Verfahren werden z. B. Feuerröhren bis 3 m Länge und 5 cm Weite, außerdem R. aus Kupfer, Messing angefertigt. Das Ziehen kurzer R. aus Blech (Patronenhülsen, Fingerhüte, Teile zu Fernrohren, aus Messing-, Neusilber-, Nickel-, Aluminium-, Gold-, Silber- etc. Blech) bezweckt in der Regel keine Streckung[58] unter Verminderung der Wandstärke, sondern fast nur eine Verlängerung unter Verkleinerung des Durchmessers. Man preßt daher das vorgeformte tellerförmige Blechstück vermittelst Stempel, die in bestimmten Abstufungen länger und dünner werden müssen, der Reihe nach durch ebenso gleichmäßig abgestufte Lochringe. Das eigentliche Pressen von R. besteht darin, daß man das Metall aus einem Preßkopf durch ein kegelförmiges Mundstück hindurchpreßt, in dem sich ein Dorn befindet, über den sich das Metall als hohler Strang hinwegschiebt. Eine Bleiröhrenpresse neuester Ausführung (Krupp) zeigt Fig. 6 im Durchschnitt.
Der Preßkopf p trägt bei c das Mundstück. In ihm befindet sich der Dorn a, der unten in dem Gestell festgehalten wird. Der ringförmige Raum um den Dorn im Preßkopf wird mit Blei ausgegossen, das dann durch den längs des Dornes sich bewegenden rohrförmigen Preßkolben b als Rohr r herausgepreßt wird. Zur Bewegung dieses Kolbens dient der große Plungerkolben k, der in dem hydraulischen Preßzylinder g durch Wasserdruck bewegt wird und das Führungsstück f, mit Führungen ff, an dem der Preßkolben b sitzt, unter entsprechendem Druck vorschiebt. Mit dieser Presse läßt sich ein Druck bis 400,000 kg ausüben. Soll ein inwendig mit Zinn belegtes Bleirohr gepreßt werden, so schiebt man nach abgenommenem Mundstück auf den Kern a einen mit Zinn ausgegossenen hohlen Bleizylinder. Um nach diesem Verfahren R. aus Kupfer, Deltametall, Aluminium zu pressen, wird nach Dick das Metall als Vollzylinder möglichst heiß in den Preßtopf gebracht und über einen im Mundstück sitzenden Dorn gepreßt, der durch radiale Rippen festgehalten ist. Die einzelnen Metallstränge schweißen hierbei im Mundstück fest zu einem Rohr zusammen. R. aus Schmiedeeisen zu Wasser-, Dampf- und Gasleitungen, zu Heizröhren, zu Bauzwecken, Möbeln etc. werden hauptsächlich mit Naht durch Schweißen und Ziehen oder Walzen sowie als Spiralröhren erzeugt. R. aus Flußeisen oder Flußstahl sind fast nur nahtlos und werden meist aus Hohlkörpern durch Ziehen und Walzen hergestellt. Die sogen. Dampfkesselschüsse fertigt man aus Hohlzylindern, die man auf eine Walze schiebt und in der Umfangrichtung streckt. R. aus Kupfer, Messing etc. werden aus Blech zusammengelötet und nur zum Egalisieren gezogen, oder aus Hohlkörpern, die gegossen, auf dem Schrägwalzwerk gemacht oder gedornt werden, durch Walzen oder Ziehen hergestellt; R. aus Deltametall, Aluminium werden gepreßt, ebenso die R. aus Blei und Zinn.
Zur Anfertigung von Asphaltröhren zieht man endloses Papier (s. Papier, S. 391) von einer Breite, die gleich der Länge der Röhre ist, durch geschmolzenen Asphalt und windet es auf einen Zylinder, dessen Durchmesser gleich der lichten Weite der zur erzeugenden Röhre ist, unter dem Druck eines zweiten Zylinders, bis die erforderliche Dicke erreicht ist. Das Rohr wird dann vom Kern herabgezogen, inwendig mit wasserdichtem Firnis und in der Regel auswendig mit einem mit Kies vermischten Asphaltlack überzogen. Derartige R. sind leicht, billig und gegen chemische und mechanische Einflüsse sehr dauerhaft. Man verfertigt auch künstliche Steinröhren durch Gießen eines schmelzbaren Asphaltmörtels oder Zements mit Drahteinlage und benutzt sie als Wasserdurchlässe bei Eisenbahn- und Chausseebauten. Tonröhren werden aus gewöhnlichem Ton, Steingut- oder Porzellanton gefertigt. Tonröhren für die Drainage (Drainröhren) werden durch Pressen geformt, indem die Tonmasse wie bei der Röhrenpresse durch Öffnungen gedrückt wird (vgl. Mauersteine, S. 451). Auch Wasserleitungsröhren werden gepreßt und hierbei mittels einer einfachen Vorrichtung mit Muffen versehen. Häufig werden Ton- und Zementröhren gegossen, letztere auch direkt im Boden. Die Tonröhren besserer Sorten werden innen und außen glasiert. Steinröhren stellt man aus Sand- und Kalksteinen von genügend dichtem Gefüge durch Bohren her. Glasröhren hat man zwar bis zu 10 cm Weite hergestellt, doch sind sie zu brüchig und zu teuer für allgemeine Verwendung. Holzröhren werden meist aus den jüngern Stämmen der Fichten, und zwar durch Handbohrung, hergestellt. Biegsame R. werden aus Kautschuk, Guttapercha, Leder und wasserdichten Hanfgeweben hergestellt. Biegsame R. aus Messing, Kupfer etc. erhält man aus ~-förmigen Streifen, die man spiralförmig so um einen Dorn windet, daß die Kanten übereinander greifen , wobei die Dichtung durch Einlage eines schmalen Kautschukstreifens erreicht wird.
Dauerhafter u. widerstandsfähiger sind die biegsamen Metallröhren, die in der deutschen Munitionsfabrik in Karlsruhe in Weiten von 8100 mm und Längen bis 2,5 m aus nahtlosen Messingröhren, durch Einwalzen schraubenförmig verlaufender Wulste a a, cc (Fig. 7) erzeugt werden, die ihnen einen hohen Grad von Biegsamkeit verleihen. Diese biegsamen R. finden Verwendung zu Wasser-, Spiritus-, Petroleum-, Luft-, Gas-, Dampfleitungen sowie zu Kühl- und Heizzwecken, da sie zugleich große Oberflächen darbieten. Sehr enge Röhrchen aus Silber, Gold, Tombak, Messing, wie sie z. B. zum Verfertigen von Scharnieren an Uhren, Dosen etc. gebraucht werden, macht man aus Blechstreifen, die man nach entsprechendem Zufeilen über einem mit Wachs bestrichenen Stahldraht zusammenklopft und dann durch einige Löcher zieht, worauf man schließlich den Draht entfernt. Panzerröhren heißen gußeiserne R., die kalt mit warmen Stahlreifen überzogen werden, die infolge der Abkühlung sich sehr fest als Panzer anlegen und erhöhte Festigkeit gegen innern Druck hervorbringen. Asbeströhren bestehen aus einer Spiraldrahteinlage, die mit Bleifolie bewickelt, dann mit Asbest bedeckt und mit einer Kautschuklösung getränkt ist. Sie sollen als biegsame Dampfschläuche dienen. Zu den R. gehören auch die besondern zur Verbindung und Abzweigung dienenden Formstücke oder Setzstücke, die ihrer Form entsprechend (T) T-Stücke, (L) Winkelstücke, (+) Kreuzstücke und (∩) Krümmer heißen und am häufigsten aus schmiedbarem Eisenguß bestehen, mitunter noch geschmiedet und[59] unter Gesenken zusammengeschweißt werden. Wellblechröhren oder gewellte R. (s. Tafel »Dampfkessel I«, Fig. 8) werden durch Walzen von Eisenblechröhren auf Walzen mit Wellenkalibern erzeugt. Vgl. Diegel, Röhrenfabrikation (Berl. 1901).
Brockhaus-1911: Rohren · Röhren · Kommunizierende Röhren · Crookessche Röhren · Hittorfsche Röhren
Herder-1854: Communicirende Röhren
Lueger-1904: Plückersche Röhren · Röhren · Geißlersche Röhren · Hittorfsche Röhren
Meyers-1905: Rohren [1] · Rohren [2] · Röhren, Geißlersche · Geißlersche Röhren · Leitersche Röhren · Mannesmannsche Röhren
Pierer-1857: Röhren-Gummigutt · Scarpasche Röhren · Communicirende Röhren · Röhren, Cassie
Buchempfehlung
Das bahnbrechende Stück für das naturalistische Drama soll den Zuschauer »in ein Stück Leben wie durch ein Fenster« blicken lassen. Arno Holz, der »die Familie Selicke« 1889 gemeinsam mit seinem Freund Johannes Schlaf geschrieben hat, beschreibt konsequent naturalistisch, durchgehend im Dialekt der Nordberliner Arbeiterviertel, der Holz aus eigener Erfahrung sehr vertraut ist, einen Weihnachtsabend der 1890er Jahre im kleinbürgerlich-proletarischen Milieu.
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro