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Knochenmehl

[185] Knochenmehl, ein durch Zerkleinerung von Knochen hergestelltes Dungmittel. Die durch Auslesen von fremden Beimengungen, besonders Nägeln, befreiten Knochen werden auf Knochenbrechern zwischen Walzen, deren Oberfläche mit scharfen stählernen, pyramidenförmigen Hervorragungen versehen ist, oder besser auf Maschinen mit Schlagmessern zerbrochen und dann, um sie leichter pulverisierbar zu machen, in großen zylindrischen Kesseln aus Eisenblech, in denen sie auf einem falschen Boden ruhen, mit gespanntem Wasserdampf behandelt; bei kleinerm Betriebe benutzt man liegende, eingemauerte Kessel, in denen unter dem falschen Boden befindliches Wasser durch direktes Feuer erhitzt wird. Das Dämpfen darf nicht zu lange fortgesetzt werden, damit sich nicht zuviel organische Substanz in Leim verwandle; auch dürfen die Knochen nicht mit Wasser in Berührung kommen, weil sie durch dieses ausgelaugt werden. Beim Dämpfen geht das Knochenfett verloren; will man es gewinnen, so müssen die Knochen vor dem Dämpfen mit Wasser gekocht werden, wodurch aber ein Teil des gebildeten Leims ausgesogen wird, oder sie werden mit Petroleumbenzin extrahiert. Die gedämpften Knochen werden auf einer Darre getrocknet und dann auf einem Mahlgang zwischen zwei weitgestellten Steinen oder auf einem Pochwerk geschroten. Die hierbei gewonnenen Körnungen (Knochenkörnungen) gibt man an Knochenkohlefabriken ab, die bei deren Verarbeitung die Erzeugung eines fast wertlosen Kohlenstaubes vermeiden (vgl. Knochenkohle). Der durch das Sortiersieb abgeschiedene Grieß wird auf Kollergängen, in Kugelmühlen etc. zu möglichst seinem K. weiter vermahlen. Da die Körnungen[185] vorzugsweise aus den harten, festen, an phosphorfreiem Kalk reichen Wandungen der Knochen hervorgehen, während die weichern, schwammigen Teile der Knochen, die verhältnismäßig mehr stickstoffhaltige organische Substanz enthalten, das Mehl liefern, so muß ein unter Abscheidung von Körnungen bereitetes K. in seiner Zusammensetzung von dem durch vollständiges Aufmahlen von Knochen erhaltenen abweichen. Dies zeigen folgende Analysen, von denen die ersten zwei sich auf K. der erstern, die andern zwei auf K. der letztern Sorte beziehen:

Tabelle

Am meisten zu empfehlen ist das gedämpfte K., das nicht über 6 Proz. Fett, ferner 4–5 Proz. Stickstoff und 20–24 Proz. Phosphorsäure enthalten soll, und das gedämpfte und entfettete mit 4,7–5,3 Proz. Stickstoff, 18,5–23,5 Proz. Phosphorsäure und nicht über 3,5 Proz. Fett. Rohes K. enthält nur 15,5–19,5 Proz. Phosphorsäure und ist nicht so sein wie die beiden erstern. Entleimtes K. zersetzt sich schlecht, wahrscheinlich um so schlechter, je höher die Temperatur bei der Entleimung war. K. wird mit Sand, Ton, Asche, Mergel, Kalkstein, Austernschalen, Gips, Glas, Erde, Sägespänen, am häufigsten mit Phosphoritmehl, vegetabilischem Elfenbein und Abfällen der Leimfabrikation verfälscht. Aschengehalt, Farbe, starkes Aufbrausen beim Übergießen mit Säure zeigen gewisse Verfälschungen an. Phosphoritmehl erscheint unter der Lupe als rotbraunes Pulver; übergießt man die schmutzigrötliche Asche mit kochendem Wasser und tropfenweise mit Salpetersäure, so löst sich die Knochenasche, und das Phosphoritmehl bleibt ungelöst zurück. War auch organische Substanz zugesetzt worden, so sammelt sich diese beim Übergießen der Probe mit Wasser obenauf. Vegetabilisches Elfenbein unterscheidet sich vom K. wesentlich durch den Geruch beim Rösten und Verkohlen. Dagegen enthält es nur 16 Proz. Asche und etwa 84 Proz. organische Substanz, 2,5 Proz. Phosphorsäure und 1 Proz. Stickstoff. Schüttelt man K. mit Chloroform, so sinkt es zu Boden, Horn- und Hautteile (deren Menge 5 Proz nicht übersteigen soll) schwimmen auf dem Chloroform. Zu genauerer Untersuchung von K. ist die Bestimmung des Aschengehalts, des Stickstoff- und Phosphorsäuregehalts erforderlich. Man benutzt K. seit Ende des 18. Jahrh. als Dünger besonders in Schottland. In Deutschland wurden die ersten Knochenmühlen im Anfang der 1830 er Jahre in Sachsen und Schlesien erbaut. Sie hatten mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen, bis Blockhall 1850 das Dämpfen lehrte. Es wirkt um so schneller, je seiner es gemahlen wurde, auch wird gedämpftes K. im Boden schneller zersetzt als solches aus nicht entfetteten Knochen. Um die Wirkung zu beschleunigen, behandelt man das K. auch mit Schwefelsäure, wodurch der unlösliche basisch phosphorsaure Kalk in löslichen sauren phosphorsauren Kalk (Superphosphat) verwandelt wird (vgl. Dünger und Düngung, S. 279). Sehr seines K. hat man dem Viehfutter beigemischt, um die Knochenbildung bei jungen Tieren zu begünstigen. In Dalekarlien bereitet man Brot unter Zusatz von K. Vgl. Holdefleiß, Das K. (Berl. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 185-186.
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