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Definition

[579] Definition (lat.), in der Logik die Angabe des Inhalts eines Begriffs, d. h. sowohl der Merkmale, aus denen derselbe zusammengesetzt ist (was die Materie), als der Art, in der dieselben untereinander verbunden sind (was die Form desselben genannt wird). In der D. des Begriffs »Mensch = sinnlichvernünftiger Erdenbewohner« geben die Merkmale: sinnlich-vernünftig, Erde, Bewohner, die Materie, dagegen deren Anordnung, durch die der Hauptbestandteil »Bewohner«, durch die Angabe des Wohnortes »Erde«, auf diese eingeschränkt und durch die nähere Bestimmung der Sinnlichvernünftigkeit von andern Erdenwesen unterschieden wird, die Form der D. aus. Dieselbe ist eine bloße Namenerklärung (Nominaldefinition), wenn sie nur angibt, welchen Sinn der Definierende oder der Sprachgebrauch mit einem gewissen Wort (Namen, nomen) verbindet; dagegen ist sie eine Sacherklärung (Realdefinition), wenn sie denjenigen Sinn angibt, der mit einem Wort oder Begriff verbunden werden muß, sofern derselbe Ausdruck eines objektiven Sachverhaltes sein soll. Nominaldefinitionen lassen sich daher willkürlich aufstellen, Realdefinitionen sind gebunden an das Wesen der Sache, das sie zum deutlichen Begriff erheben wollen. Nur die formalen Wissenschaften, die sich ihre Objekte selbst schaffen (wie die Mathematik), sind in der Lage, mit erschöpfenden (Real-) Definitionen derselben zu beginnen; in den Realwissenschaften, die es mit vorgefundenen Objekten zu tun haben, kann sich die richtige D. erst als Resultat der Forschung ergeben, die daher hier mit lauter provisorischen Definitionen anfängt, die später teils verbessert, teils auch völlig verworfen werden. So definiert die Physiologie das Leben zunächst nur als den Inbegriff der Vorgänge, durch welche die Organismen sich selbst erhalten, fortpflanzen etc., ohne bis jetzt noch die Realdefinition, das Wesen des Lebens, gefunden zu haben. Jede D., sie sei von der einen oder der andern Art, muß gewissen Anforderungen entsprechen, um überhaupt logisch zulässig zu sein. Dazu gehört: daß sie widerspruchsfrei sei, d. h. daß die von ihr zu einem Ganzen vereinigten Merkmale sich nicht untereinander ausschließen (daß sie keine contradictio in adjecto [s. d.] enthalte); ferner, daß sie vollständig sei, d. h. alle diejenigen Merkmale umfasse, die im Inhalt eines gewissen Begriffs wirklich gedacht werden; weder zu weit, indem sie statt des Inhalts, der dem zu definierenden Begriff allein, einen solchen angibt, der ihm mit andern gemeinsam eigen ist, z. B. ein ebenes Dreieck ist ein System dreier Punkte (wobei der Umstand vergessen ist, daß diese nicht in derselben Geraden liegen dürfen); noch zu eng, indem sie statt des Inhalts des zu Definierenden denjenigen angibt, der nur einer Art desselben eigen ist, z. B. Catos D., ein Redner sei ein Mann, der trefflich und im Reden erfahren sei (da es doch auch Redner geben kann, die nicht eben treffliche Männer sind). Endlich gehört zu den Vorbedingungen einer guten D., daß sie dasselbe Merkmal nicht (versteckt oder offen) zweimal und ebenso, daß sie den zu definierenden Begriff nicht selbst (heimlich oder augenscheinlich) in sich aufnehme, d. h. daß sie weder überfüllt noch eine Zirkelerklärung sei. Weitere Fehler der D. sind: die Tautologie, wo statt des Inhalts des Begriffs nur ein gleichbedeutendes Wort (z. B. Lebenskraft = Kraft des Lebens), das Hysteron-Proteron, wo statt der Inhaltsangabe ein Begriff gesetzt wird, dessen Gültigkeit von jener des zu Definierenden abhängt (z. B. Größe ist das der Vermehrung und Verminderung Fähige, beides setzt die Erklärung der Größe schon voraus); die Substituierung eines bloßen (wenn auch noch so treffenden) Bildes (z. B. Platons Erklärung, daß das Gute[579] die Sonne im Reiche der Ideen sei); die Angabe des Umfanges des Begriffs statt seines Inhalts (z. B. Kegelschnitt ist diejenige Kurve, die entweder Kreis, Parabel, Ellipse oder Hyperbel ist). Bei der Unzulänglichkeit bloßer Nominal- und der Seltenheit wirklicher Realdefinitionen (deren Ersetzung durch jene namentlich in der Philosophie oft zu den nachteiligsten Folgen geführt hat, wovon Spinozas D. des Substanz- und Fichtes D. des Ichbegriffs Beispiele liefern) kann die Stelle der D. durch die Angabe des nächsten Gattungsbegriffs und des spezifischen Artmerkmals (z. B. Phanerogamen sind Pflanzen mit sichtbaren Befruchtungswerkzeugen) vertreten werden, durch welche die Stellung des Begriffs sowohl nach oben zu dem zunächst übergeordneten als nach der Seite zu den ihm nebengeordneten bestimmt, seine Stelle im System also genau angegeben ist; daher pflegen sich die klassifizierenden (besonders die beschreibenden Natur-) Wissenschaften dieser Form zu bedienen. Auch genügt oft zu besondern Zwecken eine bloße Verständigung durch Hervorhebung eines besonders charakteristischen Merkmals oder statt der Verdeutlichung des Begriffs (durch die D.) eine Veranschaulichung desselben durch die Beschreibung seines Gegenstandes entweder im fertigen Zustand oder im Werden (sogen. genetische D.), z. B. Salze sind die Produkte der Vereinigung von Säuren und Basen. Nicht alle Begriffe sind übrigens einer D. fähig. Unmöglich ist sie bei allen denjenigen, deren Inhalt ein absolut einfacher, nicht aus einer Mehrheit von Bestimmungen zusammengesetzter ist, bestehe er nun in einer einfachen sinnlichen Qualität (wie bei den Begriffen Rot, Warm etc.) oder in elementaren Beziehungen des Denkens (wie bei den Begriffen Größe, Wirkung etc.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 579-580.
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