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Monsune

[84] Monsune (franz. Moussons, v. arab. mausim, »Jahreszeit«), die Luftströmungen, die infolge der Umkehrung der Temperaturdifferenz zwischen Land und Meer im Sommer- und Winterhalbjahr in abwechselnd entgegengesetzter Richtung wehen Dem Wechsel von Land- und Seewinden (s. Wind), die an den Küsten in der täglichen Periode auftreten, entsprechen die M. oder Winde der Jahreszeiten in der jährlichen Periode, nur mit dem Unterschiede, daß jede der beiden Richtungen ungefähr ein halbes Jahr anhält und oft so stark ist, daß die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre durch sie völlig verdrängt wird. Vgl. die Karten beim Artikel »Luftdruck«. Ganz besonders werden die Winde des Indischen Ozeans und seiner Umgebung, die von Halbjahr zu Halbjahr ihre Richtung wechseln, mit dem Namen M. bezeichnet und treten hier an die Stelle der in den andern Ozeanen innerhalb derselben Breiten so regelmäßig wehenden Passatwinde. In der heißen Sommerszeit der nördlichen Halbkugel werden die Ländermassen Asiens stärker erwärmt als das Wasser des Indischen Ozeans und rufen dort starkes Aufsteigen der Luft und Abnahme des Barometerstandes hervor. Deshalb wird eine Luftströmung von dem Indischen Ozean nach den nördlich von ihm gelegenen Ländermassen eintreten, wobei sich nach dem allgemeinen Gesetz über die Windrichtung auf der nördlichen Halbkugel eine Luftströmung aus SW. bildet. Die mit Feuchtigkeit gesättigten Sommermonsune, die in den Monaten April bis Oktober zwischen dem Äquator und dem nördlichen Wendekreis aus SW. wehen und sich von der Ostküste Afrikas bis zu den Küsten Indiens, Chinas und den Philippinen (zuweilen auch bis zu den Marianen im Stillen Ozean) erstrecken, kündigen sich meist schon tagelang vorher durch plötzliche Zunahme der Feuchtigkeit an. Sie überschütten die Malabarküste wie die Westküsten Hinterindiens, besonders in den Monaten Juni, Juli und August, mit wolkenbruchartigen Regengüssen (Tscherrapundschi hat von Juni bis August 820 cm Regenhöhe), doch wird der Himalaja meist nicht überschritten. Nähert sich die Sonne im September dem Äquator wieder, so nimmt die Erwärmung des Kontinents von Asien ab, der Südwestwind läßt nach und macht im Oktober (dem gefürchtetsten Monat) im Meerbusen von Bengalen teils veränderlichen Winden, teils schweren Gewittern und heftigen Orkanen Platz. Inzwischen nimmt der Luftdruck über dem erkaltenden Festland von Asien zu, es entsteht über ihm ein barometrisches Maximum, und es beginnt mit abnehmender Bewölkung der Wintermonsun von Oktober bis März über denselben Gegenden wie der Südwestmonsun, aber aus NO. und nicht mit derselben Heftigkeit wie jener, zu wehen. Infolge dieses regelmäßigen Wechsels der M., der schon im Altertum bekannt war und den Seeverkehr zwischen Ägypten und Indien und im Mittelalter zwischen Arabien, Persien und China erleichterte, können die Seefahrer im Indischen Ozean im voraus auf Winde aus bestimmter Richtung rechnen. Die Mächtigkeit der Monsumströmung beträgt im Sommer 3,5–4,5 km, im Winter kaum 2 km. – Aus denselben Ursachen entstehen M. an den andern Küsten Asiens (China, Nordsibirien), an denen Afrikas (Golf von Guinea), Australiens (Nordküste), des Kaspischen Meeres und Nordamerikas. Während aber die meisten viel schwächer ausgeprägt sind und man deshalb mit Monsunen gewöhnlich nur diejenigen Südasiens meint, sind die nordamerikanischen M., die Nortes oder Northers (s. d.), bemerkenswerter. Sie treten als heftige, eisige Nordstürme auf und entstehen durch die Zusammenwirkung niedrigen Luftdruckes über dem warmen Golf von Mexiko und hohen Druckes über dem kalten Innern Nordamerikas. Die Winde des östlichen Mittelmeergebiets, welche die Alten als etesische oder Jahreszeitenwinde (s. Etesien) bezeichneten, sind ebenfalls nichts andres als M. Es sind Luftströmungen,[84] die von N. her durch die gewaltigen Wärmeherde der ägyptischen Wüste und der Sahara gegen das afrikanische Festland angesaugt werden. Fast das ganze Jahr hindurch werden die über dem südlichen Europa befindlichen Luftmassen nach Afrika hinübergeführt, und selbst in den Ländern mit veränderlichen Winden, wie Italien, Südfrankreich und Spanien, kennt man diese vorwaltend nördlichen Luftströmungen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 84-85.
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