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Milchwirtschaft

[809] Milchwirtschaft (Meierei), diejenige Art der Haltung von Rindvieh, bei der man die Erzielung der größtmöglichen Menge von Milch und deren beste Verwertung beabsichtigt. Sie bedingt, besonders bei direktem Verkauf von frischer Milch, weit lebhaftern Geldumsatz, als sonst möglich, und kann deshalb mit relativ geringerm Betriebskapital organisiert werden. Von großer Wichtigkeit ist die M. für die städtische Bevölkerung. Sehr schöne Einrichtungen der Art haben unter andern London, Berlin, Leipzig, Breslau. Am vorteilhaftesten gestaltet sich hier der Betrieb ohne Zucht mit frischmelkenden Kühen, die man so lange benutzt, als sie genügend Milch geben. Im großen Durchschnitt liefern Kühe im ersten Halbjahr nach dem Kalben 70–80 Proz. ihres gesamten Milchertrags. Hält man die Kühe in der M. nur so lange, so gewinnt man mit denselben Unkosten die doppelte Milchmenge. In großen Städten kann die M. nicht bestehen, wenn nicht im großen Durchschnitt von der Kuh täglich mindestens 9 Lit. Milch gemolken werden können, gleichgültig, ob der Betrieb mit eignem Areal oder ohne solches stattfindet. Durch sehr wasserreiches Futter, wie Grünfutter, Rüben, Schlempe, warme Darreichung auch des Tränkwassers sowie reichliche Gaben von Salz befördert man die Milchergiebigkeit, da man aber gegen derartig gewonnene Milch, wenn sie auch den marktpolizeilichen Anforderungen genügt, hygienische Bedenken hegt, und bei der weiten Verbreitung der Tuberkulose unter dem Rindvieh, hat man Kindermilchanstalten gegründet, in denen tierärztlich beaufsichtigte Kühe nur mit Trockenfutter ernährt werden (vgl. Kinderernährung). Große Güter errichten zuweilen in den Städten eigne Verkaufsstellen für die Milch. Sonst vermitteln Zwischenhändler (Milchpächter) das Geschäft. Geeignete Behandlung der Milch und günstige Transportverhältnisse gestatten heute die Herbeiführung der Milch aus weiten Entfernungen. Dänische Milch ist mit gutem Erfolg nach Berlin gebracht worden. Der M. schließt sich das Molkereiwesen an, die Verwertung der Milch durch Fabrikation von Butter und Käse etc. Hier ist größter Wert auf hohen Gehalt der Milch zu legen, da diese und nicht das Volumen entscheidet. Dies war in Holland und der Schweiz schon im Mittelalter von großer Bedeutung und wird in Deutschland am längsten in Schleswig-Holstein und im Algäu betrieben. In neuerer Zeit hat es durch die Eisenbahnen und durch die Einführung der Zentrifugen in die M. wie durch die Molkereigenossenschaften (s. Landwirtschaftliche Genossenschaften) große Verbreitung gefunden, und in Deutschland sollen jetzt täglich mindestens 30 Mill. Lit. Milch in Molkereien verarbeitet werden. Literatur s. Milch.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 809.
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