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Metamorphōse

[689] Metamorphōse (griech.), Umgestaltung, Verwandlung, besonders in der antiken Mythologie, von Menschen in Tiere, Bäume, Quellen etc. Zahlreiche Sagen dieser Art hat Ovid dichterisch behandelt. – In der Zoologie versteht man unter M. die Verwandlung, die ein junges Tier durchmacht, ehe es die Form des Erwachsenen annimmt (vgl. auch Entwickelungsgeschichte). Manche Tiere gehen aus dem Ei bereits vollendet hervor, erleiden also keine M.; viele jedoch sind zunächst den Erwachsenen unähnlich (sogen. Larven, z. B. Raupen der Schmetterlinge, Maden der Fliegen, Kaulquappen der Frösche) und erlangen erst allmählich die endgültige Gestalt des geschlechtsreifen Tieres. Allgemein bekannt ist die M. der Insekten, bei denen man eine vollständige (eine oder mehrere Larven, Puppe und Geschlechtstier oder Imago) und eine unvollständige M. (mehrere nur wenig voneinander und von der Imago verschiedene Larvenformen) unterscheidet. Bei der M. werden überflüssig gewordene Teile abgeworfen oder andre bis dahin untätige treten in Wirksamkeit (vgl. Insekten, S. 862). Regressive oder rückschreitende M. findet statt, wenn ein Tier, das in seiner Jugend auf höherer Organisationsstufe steht, nach und nach bei den Verwandlungen herabsinkt, also z. B. aus einem frei umherschwimmenden zu einem festgewachsenen Tier ohne Gliedmaßen wird. Dies ist häufig bei den Schmarotzern unter den niedern Tieren, von denen manche durch Parasitismus bis zu einem einfachen Sack voller Eier und Samen reduziert sind (vgl. Schmarotzer). – In der Botanik ist der Begriff der M. durch Goethe (»Über die M. der Pflanze«, 1790) eingeführt worden. An die Tatsache, daß die Mannigfaltigkeit der Pflanzenorgane sich auf wenige Grundformen zurückführen läßt, knüpfte Goethe die Vorstellung, daß die verschiedenen Formen, in denen z. B. das Blatt als Niederblatt, Laubblatt, Hochblatt, Blütenblatt, Staubblatt etc. an der Pflanze in Erscheinung tritt, nichts andres seien als verschiedene Modifikationen des nur in der Idee existierenden Typus Blatt. Die regelmäßige Aufeinanderfolge dieser Modifikationen im Entwickelungsgang des Individuums bezeichnete er als M. Im Gegensatz zu dieser idealistischen Auffassung der M. ist in die moderne Morphologie durch Goebel der Begriff der realen M. eingeführt und experimentell begründet worden, worunter die Tatsache verstanden wird, daß aus einer Organanlage, die durch ihre Form und Stellung am Pflanzenkörper sowie durch ihre innere Beschaffenheit bestimmt, z. B. als Laubblattanlage definiert ist, unter dem Einfluß innerer oder äußerer Bedingungen ein ganz andersartiges Organ, ein Dorn, eine Ranke, eine Knospenschuppe, werden kann. Durch diese veränderte Auffassung ist die bis dahin rein formale und idealistisch-spekulative Wissenschaft der Pflanzenmorphologie der experimentellen Forschung und der Förderung auf induktivem Wege zugänglich gemacht worden. Vgl. Goebel, Vergleichende Entwickelungsgeschichte der Pflanzenorgane (in Schenks »Handbuch der Botanik«, Bd. 3, Bresl. 1884–87); Giesenhagen, Über die Forschungsrichtungen auf dem Gebiete der Pflanzenmorphologie (im »Biologischen Zentralblatt«, 1898, Bd. 18). – M. der Gesteine, s. Metamorphismus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 689.
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