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Kalibrieren

[286] Kalibrieren (Kaliberieren), Kalibrierung, 1. s.v.w. »auf genaue Abmessungen bringen«, so z.B. kalibrierte Ketten (s. Ketten), kalibrierte Röhren (s. Röhren); 2. Bezeichnung für das Entwerfen der beim Walzen mit profilierten Walzen notwendigen Kaliber (s.d.), um einen in der Regel im Querschnitt rechteckigen oder quadratischen Block (Ingot, Knüppel, Luppe, Paket) in einen Stab u.s.w. von bestimmter Querschnittsform überzuführen.

Dies kann nur allmählich erfolgen, weshalb der Block mehrere Male die Walzen passieren muß, wobei bei jedem folgenden Durchgang (Stich) eine weitere Annäherung an das Endprofil erzielt wird. Beispiele hierfür bieten die Fig. 1 und 2, erstere die Kalibrierung eines Winkeleisens, letztere die eines Doppel-T-Trägers darstellend (für senkrecht zur Walzenachse symmetrische Profile wird wie in der Fig. 2 immer nur die Hälfte dargestellt). Beim Entwerfen der Kalibrierung ist zunächst die Art des Walzwerkes zu berücksichtigen, ob Duo, Trio oder Doppelduo (s. Walzwerk), ob beim Trio Kaliber übereinander liegen sollen (s. Kaliber), ferner der Blockquerschnitt, von dem ausgegangen werden soll u.s.w. Ferner ist zu beachten, daß die Vorwalzen (s. Walzen) in der Regel für mehrere ähnliche Profile benutzt werden, so daß, um ein andres ähnliches Profil zu walzen, nur die Fertigwalzen gewechselt werden müssen. – Die Querschnittsabnahme[286] von einem zum andern Kaliber wird als Druck, die Verhältniszahl beider Querschnitte als Abnahmekoeffizient bezeichnet. In den ersten Stichen wird ein stärkerer Druck gewählt als in den letzten, in denen der Abnahmekoeffizient etwa zwischen 0,8 bis 0,9 genommen zu werden pflegt, weil mit der Annäherung an das Endprofil die Walzstäbe kälter werden und das Material nicht mehr so bearbeitungsfähig ist. Beim Aufzeichnen der Kalibrierung geht man vom Fertigkaliber (Endprofil) aus, das der Schwindung entsprechend um durchschnittlich etwa 2% größer genommen werden muß. Die Abnahme in den einzelnen Querschnittsteilen soll eine möglichst gleichmäßige sein. Jedes vorangehende Kaliber muß schmäler sein, damit der Stab in das nachfolgende Kaliber eingedeckt werden kann (Fig. 2). Bei Blockwalzen (s. Walzen) vermindert man die Anzahl der Kaliber durch Verstellen der Oberwalze. Auch bei Fertigwalzen macht man davon Gebrauch, z.B. bei Winkeleisen, um dieselben mit verschiedener Schenkelstärke herzustellen. Kalibrierungsbeispiele für die verschiedenen Walzprofile sind in [1] angegeben. Zum Kalibrieren gehört ferner das Verteilen der einzelnen Kaliber auf die Walzen (Herstellung der Walzenzeichnung). In der Regel sind mehrere Walzenpaare notwendig, um alle Kaliber unterzubringen (bei größeren Profilen bis zu sechs). Jedes Kaliber ist von dem andern durch den Ring (Rand) getrennt. Bei der Verteilung eines Kalibers auf Ober- und Unterwalze legt man das Kaliber derart, daß der Durchmesser im Kaliber bei der Oberwalze etwas (bis zu 5 mm) größer ist als bei der Unterwalze, damit das Walzgut auf der Oberseite stärker gestreckt und ein Aufzeigen des Walzguts in die Höhe nach dem Austritt aus dem Kaliber vermieden wird. Nach der Kalibrierungszeichnung (Fig. 1 und 2) werden Blechschablonen hergestellt und danach die Kaliber in die Walzen eingedreht (s. Walzendrehbank). Bei Profilen mit geradlinigen Seitenflächen (wie Kalibrieren ⊓) gibt man diesen in den Walzen 1–3% Neigung (Anlauf) nach außen, damit die Walzstäbe sich leichter aus den Kalibern lösen und beim Nachdrehen der Walzen (besonders auch durch Abnutzung an den Seitenflächen der Kaliber bedingt) die Kaliber wieder auf die richtigen innerhalb der zulässigen Abweichungen liegenden Abmessungen gebracht werden können.


Literatur: [1] Brovot, A., Das Kalibrieren der Walzen, Leipzig 1902/03; Ders. in Beckert, Th., Leitfaden zur Eisenhüttenkunde, 3. Teil: Metallurg. Technologie, Berlin: 1900; Kirchberg, E., Grundzüge der Walzenkalibrierung, Dortmund 1905; Geuze, L., Traité théoretique et pratique du laminage du fer et de l'acier, Paris 1900. – [2] Ledebur, A., Handbuch d. Eisenhüttenkunde, Bd. 3, Leipzig 1903 (mit Literaturnachweisen für Abhandlungen in Zeitschriften); solche ferner im Jahrb. s.d. ges. Eisenhüttenwesen, Düsseldorf 1900/03. – [3] »Stahl und Eisen«, Düsseldorf.

A. Widmaier.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 286-287.
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