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Drachenblut

[14] Drachenblut (Sanguis draconis, Resina draconis, Sang-Dragon, Dragons Blood) ist ein rotes harzartiges Produkt von verschiedener Abstammung und sehr verschiedenem Werte.

I. Das für den europäischen Handel wichtigste Drachenblut stammt von den Früchten der Drachenrotangpalme (Daemonorops draco Mart., Calamus draco Willd.), die auf den Inseln des südostasiatischen Archipels (Sumatra, Borneo, Penang) einheimisch ist. Es heißt daher indisches oder Palmendrachenblut [1]–[4]. Zwischen den dachziegelförmig aneinander liegenden, fast viereckigen Schuppen der nußgroßen Früchte dieser Palme scheidet sich das Harz ab und wird durch Abklopfen gewonnen. Früher ließ man diese Harzpartikel mittels Sonnenwärme oder Wasserdampf zu pfefferkorn- bis haselnußgroßen Körnern zusammenschmelzen und erhielt auf diese Weise die Körnersorte »Drachenblut in Körnern« (in granis, en olives) als reinste und teuerste Sorte. Gegenwärtig schmilzt man mittels Wasserdampfs das Harz aus den Früchten heraus und formt es zu zylindrischen oder etwas flachgedrückten, spitz zulaufenden, 2–5 dm langen, 1–3 cm dicken Stangen (Stangendrachenblut, Sanguis draconis in baculis, en baguettes), die in das Blatt einer Palme (Licuala) gehüllt sind [2], [3]. Die Stangen sind hart, spröde, an der Oberfläche schwarzbraun, an der Bruchfläche dunkelrotbraun, sehr dicht und gleichmäßig, mitunter mit Fruchtschuppenresten versehen, undurchsichtig, ohne Geruch und Geschmack. Das Pulver ist hochrot bis ziegelrot, klebt nicht zwischen den Fingern und ist in Alkohol, konzentrierter Essigsäure, Benzol, Schwefelkohlenstoff, Petroleum und Chloroform mit 20% Rückstand löslich [5]. Es schmilzt bei 70° und besteht nach Tschirch und K. Dieterich [6] aus rotem Harz, das ein Gemisch des Benzoesäuredracoresinotannolesters C6H5COO C8H9O und des Benzoylessigsäuredracoresinotannolesters C6H5COCH2COO C8H9O darstellt, ferner aus Dracoalban (C20H40O4), Dracoresen (C26H44O2), aus ätherunlöslichem Harz und Mineralteilen. Die[14] alkoholische Lösung gibt nach Zusatz von Eisenchlorid eine gelbbraune Lösung. – Eine andre, weniger reine Sorte dieser Drachenblutart ist das Kuchen- oder Massendrachenblut, formlose Massen von rotbrauner oder ziegelroter Farbe und grobkörnigem Bruche, durch Zerstampfen der Früchte gewonnen. (Vgl. die verschiedenen Gewinnungsmethoden in [1] und [2].)

II. Westindisches, mexikanisches und südamerikanisches Drachenblut wird von Pterocarpus draco L. (Papilionaceae), von Croton draco Schlechtend. (Mexiko), Dalbergia monetaria L. (Surinam) und Croton gossypifolium HBK (Venezuela) abgeleitet. Es kommt in unserm Handel nicht vor [2].

III. Kanarisches Drachenblut (Madeira-Drachenblut), unregelmäßige Stücke von dunkelroter Farbe, stammt von Dracaena draco L. (Liliaceae).

IV. Somali- und Socotora-Drachenblut von Dracaena cinnabari Balfour ist mit der vorigen Sorte das Drachenblut der Alten (Kinnabari, Alachmen oder »Blut der fünf Brüder«) [1], [2]. – Von dem indischen Drachenblut ist es durch chemische Reaktionen leicht zu unterscheiden (s. Tabelle). Gefälschtes Drachenblut wird aus Kolophonium, Mastix, Ladanum und Sandelholz erzeugt. Es ist mikroskopisch leicht nachweisbar. Als Zusätze sollen mit Fernambuk gefärbtes Gummi, Dammar und Wachs in Verwendung kommen [1], [2]. In der Technik dient das Drachenblut zur Lackfabrikation, zu rotem photographischen Pigmentpapier, als Aetzgrund bei der sogenannten amerikanischen Zinkätzung [7]; der rote Weingeistfirnis (die Tischlerpolitur) enthält Drachenblut. Nach Flückigers Untersuchungen [4] hat Prollius die Reaktionen, mittels denen man das Palmendrachenblut vom Socotora-Drachenblut unterscheiden kann, in folgender Tabelle zusammengestellt.


Drachenblut

Literatur: [1] Martiny, E., Encyklopädie der med.-pharm. Naturalien- und Rohwarenkunde, Bd. 2, Leipzig 1854, S. 693. – [2] Wiesner, Die Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Leipzig 1900, Bd. 1, S. 338–346. – [3] Vogl, A., Kommentar z. 7. Ausg. d. österr. Pharmak., Wien 1892, Bd. 2, S. 452. – [4] Flückiger, Pharmakognosie des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Berlin 1883, S. 97. – [5] Hirschsohn, Beitr. z. Chem. d. wichtigsten Harze, Gummiharze und Balsame, Archiv der Pharm. 1877, Bd. 210, und Inauguraldissert, Petersburg 1877. – [6] Archiv der Pharm. 1896, Bd. 237, S. 401. – [7] Fleck, C., Eders Jahrb. f. Photogr., 1895, S. 143, u. 1896, S. 563.

T.F. Hanausek.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 14-15.
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