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Actus quartus.

[1248] MINOTHAURUS geht ein, ist vnten ein Ochs vnd oben ein Mensch, tregt ein grossen kolben, fürt oder tregt ein Kind an der Hand vnd sagt, das Kind mag ein Mäidlein oder Büblein sein, wenns nur nicht erschrickt.

O wie dürst mich nach MenschenBlut!

Der Hunger mir auch gar wehe thut.

Ich bin mit solchem Hunger bsessen,

Wolt wol drey solcher Kinder fressen.

So gibt man mir einmal nur eins

Vnd ist darzu nur gar ein kleins

Vnd ist mein Bauch mir also lehr,

Daß ich von Hertzn zu fressn begehr.

Das Kind friß ich (glaubt mir fürwar!)

Mit Leüß vnd Nüßn, mit Haut vnd Haar,

Darzu mit Ingweid vnd mit Treck.

Kein bissen würff ich von jhm weg.

Der König mich helt vom Tribut,

Den man nicht gern reichen thut[1248]

Vnd zalt jhn nicht zu rechter zeit.

Darumb ist mir mein Bauch so weit,

Daß ich bißweiln stil ein Kind.

Vnd wo ich einen Menschen find,

Der sich verjrrt in disem Garten,

Den schlag ich gar balt auff sein Schwarten

Mit meiner Keiln, daß er bethört

Daß weiß in Augen vmbher kehrt

Ein ander mal so bleib er draussen!

Komm her, du Kind! ich will dir lausen,

Daß mirs Blut übers Maul abrindt.

O sie seind beide feist die Kind.

Wie meinst? will du dich fressen lahn?

DAS KIND sagt.

Ey laß mich heim, du böser Mann!

Ich muß zu meiner Mutter lauffen,

Die würd mir ein schön Docken kauffen,

Mit derselben ich spilen muß.

MINOTHAURUS sagt.

Deins Kinderwercks hab ich verdruß.

Komm her! du bist leibeygen mein.

Ich frag nichts nach der Docken dein.


Er nimbt das Kind, führts ab. Kompt Medea mit jhrem stab vnd sagt.


Ich hab heut ghabt ein böß gesicht,

Kan mich darein schir richten nicht,

Denn ich weiß nicht, was es bedeut.

Drumb will ich in dem Kreiß so weit

Beschweren hie den Geiste mein:

Der weiß villeicht, was es mag sein.


Sie macht ein Kreiß mit dem Stab.


DER LUCIFER springt herfür vnd sagt.

Was begerst abermals von mir?

Meinst, ich hab nichts zthun, als mit dir?

O nein; ich hab deins gleichen mehr.[1249]

MEDEA sagt.

O Lucifer, schweig vnd mich hör!

Ich bin die Nacht heüt glegen lang

Vnd ist mir gwesen also bang,

Daß ich hab kalten schweiß geschwitzt.

Inn sorg vnd leyd ward ich erhitzt

Vnd deucht mich, wie ich sterben sollt.

Einer mich stets weg treiben wolt,

Dessen ich mich nicht wehrn kundt.

Das Traur ich sehr von Hertzen Grund.

Bitt, sag du dir, was es bedeut!

LUCIFER sagt.

Ey es ist eben halt die Zeit,

Das herkommet deß Königs Sohn.

Da wirst du wol haben zu thon,

Denn so balt jhn der König erkennt,

Er sein Hertz vnd Lieb von dir wend

Vnd wirst vertriben auß dem Landt

Iederman zu schmach, spott vnd schand.

Darumb hab acht in disen dingen,

Daß du jhn bey zeit kanst vmbbringen!

So bleibst du lang in Ehr vnd Würdt.

Darzu hilff ich, was sich gebürt.


Der Teuffel verschwind.


MEDEA sagt.

Weil mirs dann der Geist hat bedeut,

Daß ich hab hoch vnd grosse Zeit,

Vmbzubringen des Königs Sohn,

So will ichs thun, so balt ichs kan,

Ehe er vom Vatter werd bekannt

Vnd ich werd trieben auß dem Land.

Besser ists, mich zu vnterstahn,

Wie ich bald mög vertreiben than,

Als daß ich werd zu schand vnd spott.

Darzu hilff mir, du Asterot!


Sie geht zornig ab.


PARIPHORES, DER ERSTE MÖRDER geht ein vnd sagt.[1250]

Ich steh allda, verhüt die Straß.

Keinen ohn schaden ich für laß,

Er muß mir vor lassen sein gut.

Will er nicht, so geb er Blut!

Mein Kolben leg ich jhm auffs Haupt,

Daß er seins Lebens werd beraubt.

Kompt mir ein tapffere Person,

So red ichs schmeichelhafftig an

Vnd lad sie arglistig zu Gast

Vnd erbeüts jhm auffs allerbast.

Aber zu Nachts wol in dem Bett

Würd er dann abgethan vnd getödt.

Dort kompt ein Mann, noch jung an Jarn.

Den will ich sträniglich anfahrn,

Ihn schrecken, daß er von sich geit

Sein Paarschafft, Wehr vnd auch das kleid.


Pariphores versteht jm den Weg.


THESEUS geht ein vnd sagt.

Was verstehst du mir hie die Straß?

Gehe weg! meins wegs mich reysen laß!

PARIPHORES sagt.

Du junger Mann, wollst du mir fluchen?

Ich mein, du wollst mein Kolben versuchen,

Daß er zerschlag den Kopffe dein.

THESEUS sagt.

Lest mich nicht gehn die Strassen mein

Mit gutem, so must dus wolan

Mit Sträichen vnd mit bösem than,

Dann deins Kolbens acht ich gering.

Wer weiß, wems vnter vns geling?


Sie schlagen zusammen, so lang biß Pariphores fellt.


THESEUS nimbt jm den Kolben vnd sagt.

Nun ligst vnd hast verdienten Lohn.

Hest du mich mein Weg lassen gohn,

So hett ich dir gethan kein Leydt.
[1251]

Dein Kolben bhalt ich mir zur beüt.


Er geht ab, man tregt jn auch ab. Kompt Simon, ein andrer Mörder, vnd sagt.


Ich hab im Walt gelernet das,

Daß ich die Wanderer auff der Straß

Fang vnd bind sie dann an vier Baum,

Die laß ich auffschnellen mit raum,

Daß sie in etlich Stück zerreissen.

Dort kompt einer, dem will ichs weissen,

Wie ich vor manchem hab gethan.


Theseus geht ein.


SIMON laufft jn an vnd sagt.

Wo zeugst du her, du junger Mann?

Nun must dich mir geben gefangen,

Vnd wie es ist vil andern gangen,

Also solst du werden zerrissen.

Durch vier Baum, magst du wol wissen,

Solst du nemen ein kläglichs End.

THESEUS sagt.

Mein Mann, wiß, ich hab auch zwo Händ.

Ich will von dir vngfangen sein.

Du Mörder, kanst, so wehr dich mein!


Sie schlagen zusammen, biß Simon fellt.


THESEUS sagt.

Nun wirst du keim die Stück beweisen,

Daß jhn die vier Bäumen zerreissen.


Man tregt jn ab, Theseus geht ab. Kompt Siran, der dritt Mörder, vnd sagt.


Mein Zeit ich nur mit dem verkürtz,

Daß ich über den Felsen stürtz

Die Wanderer, die hie reysen für,

Daß sie im Meer ersauffen schier.

Dort kompt ein junger Mann allein.

Den will ich auch stürtzen hinein,


Theseus geht ein.


SIRAN sagt.

Jüngling, komm auff den Felsen hoch!

So zeig ich dir groß Wunder noch,[1252]

Dergleichen vor nie seind geschehen.

THESEUS sagt.

Was hab ich dein Wunder zu sehen?

Ich zeüg allhie auff freyer Straß.

Darauff da mich zu frieden laß!

Begehr nicht auff den Felß hinauff.

SIRAN sagt.

Du must wol mit, drumb steig baldt rauff!

Oder ich will dich darzu bringen,

Daß du das klein gleüt sollst singen.

THESEUS schlegt auff jhn, biß er fellt, würfft jn darnach ins Loch vnd sagt.

Ietzt must du selbst im Meer ertrincken

Vnd darinnen zu boden sinken

Vnd ein Speise der Fisch wern,

Daß du fort kanst niemandt beschweren.


Theseus geht ab. Kompt Clamasos, der vierdt Mörder, vnd sagt.


Ich hab die Fürgänger genödt,

Daß sich hat mancher selbst getödt,

Erstochen oder an ein Baum ghangen.

Dort kompt ein junger Mann gegangen,

Der muß sich auch selbst bringen vmb,

Daß sein Gut zur Peüd ich bekumb.


Theseus geht ein.


CLAMASOS sagt.

Wo wilt du nauß, du junger Mann?

Ich leg dir die gröst marter an,

Wo du dich nicht selber erstichst

Vnd hie dein zeitlichs Leben brichst.

Darumb zeich auß! thu dich erstechen!

THESEUS sagt.

Was muthst du mich an allers Frechen,

Leichtfertigen vnd losen Mann?

Warumb soll ich den Todt mir than

Vnd an dein Bedrohung mich kehrn?

Hab ich doch Hand vnd kan mich wehrn,[1253]

Kan dich wol selbst zu stücken hauen.

CLAMASOS sagt.

Was kanst du dann? laß mich das schauen!


Sie hauen hart zusammen, biß Clamasos fellt.


THESEUS sagt.

Also muß man die Strassen saubern

Von Tyrannen, Mördern vnd Raubern,

Welche beschweren Leut vnd Land

Vnd förchten weder Sünd noch schand.

Nun hab ich nicht weit gen Athen.

Dahin hoff ich noch heut zu gehn.

Iedoch so will ich mich nicht nennen,

Hoff, mein Herr Vatter werd mich kennen

Bey den Bundschuen vnd dem Schwerdt,

Dardurch mein Person wird bewerdt,

Vnd will balt ans Königs Hof gahn.

Wenn man zum Tisch fängt blasen an,

So will ich in des Königs Saal

Mich selbst setzen zu dem Nachtmal

Vnd das schwerdt bhalten an der seiten,

Daß es der König seh bey zeiten

Vnd mir zusprech als seinem Sohn,

Mach zu eim Erben in sehn Thron.

Die Götter wöllen helffen mir,

Daß ich all Ding nur wol vollführ!


Abgang. Kompt Frigius vnd Gemius, deß Königs Egeii Rähte, vnd Frigius sagt.


Herr Gemius, es seindt hieher

Fürwar kommen seltzame Mähr,

Wie daß ein junger Ritter frey

Auß frembden Landen kommen sey,

Der hab durch das Land alle Strassen

Von Rauberey gefreyt dermassen

Mit seiner gantz siegreichen Hand,

Daß man fast in dem gantzen Land

Gar hör von keiner Plackerey.[1254]

Da hab ich mich besonnen frey,

Ob es leicht wer deß Königs Sohn,

Da vns der König gsagt davon.

Wenn ers wer, so stünd all sach wol.

GEMIUS sagt.

Ja das Hofgsind ist Freuden voll,

Aber deß Königs seim Anhang

Der Medea ist angst vnd bang,

Dann sie fürcht, er möcht sie vertreiben.

FRIGIUS sagt.

Ja sie hett hie nicht mehr zu bleiben;

Denn man sagt von dem Jüngling gut,

Er hab ein solchen kecken Muth,

Daß jhm gar kein Kampff sey zu schwer.

Wenn er denn Erb zu dem Reich wer,

So möcht er den Minothaurum

Villeicht noch selber bringen vmb,

Daß wir kämen von dem Tribut.

GEMIUS sagt.

Ja wenn ers thet, so wer es gut.

Darnach möchts im Königreich Athen

Noch vil besser als jtzo stehn.

Deß Ritters kan ich kaum erharren.

FRIGIUS sagt.

Medea thut puchen vnd scharren.

Die laufft, samb sie vnsinnig sey.

Villeicht wird sie durch Zauberey

Berichtet sein, daß diser Höldt

Noch zu eim König werd erwöhlt,

Als wie ein warer KönigsSohn,

Vnd daß sie als dann muß davon.

O wie wird es jhr thun so andt!

GEMIUS sagt.

O still! die wir jetzt haben gnannt,

Die geht dort übern Saal herein.[1255]

Last stecken vns in die Ecken nein,

Was sie guts bringen vnd sagen werd!


Sie gehn auff die seiden.


MEDEA sagt.

Dieser KönigsSohn mich beschwert,

Daß ich nie gewest bin dergleich,

Vertreibt mich nun auß diesem Reich,

Darein ich wol genistelt hab,

Daß ich nicht gern darauß scheid ab.

Darumb hab ich groß zeit jetzunder,

Daß ich schieß alle Rigel vnter,

Damit der König seinen Sohn,

Ehe er jhn kenn, vom Brodt wöll thon.

Wenn mir angeht dieselbig sach,

Ich mich lustig vnd frölich mach.


Sie geht ab.


FRIGIUS sagt.

Hört, Gemius, der neuen Mähr!

War ists, deß Königs Sohn kompt her,

Der König aber weiß nichts davon.

GEMIUS sagt.

Still! der König thut dort hergahn.

Da wöllen beyd auffwarten wir.


Egeus, der König, geht mit Medea ein.


DER KÖNIG sagt.

Thut vns ein wenig entweichen jhr!


Die zween Räht gehn ab.


EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Durch ein Curir hab wir vernommen,

Es sey nächten gehn Athen kommen

Ein junger kühner starcker Höldt,

Von dem würd vns groß Lob erzelt

Von seiner Ritterlichen That,

Die er bißher begangen hat.

Den hab gen Hof wir lassen laden

Auß rechter Gunst, Lieb vnd Genaden,

Daß wir jhn nur auch mögen sehen,

Dem man so groß Lob thut verjehen.

Darumb, Medea, richt vns du

Ein Königliche Mahlzeit zu,[1256]

Damit wir den Hölden verehrn!

MEDEA sagt.

Großmächtiger Herr, ich thet beschweren

Mein Geist heut frü, als ich auffstahn;

Der hat mir warhafft zeiget an,

Eur Gnad sollt achtung darauff geben,

Durch jhn verlier eur Lieb jhr Leben.

Derhalb verwahrt euch auff das bast

Vor diesem Hölden, eurm Gast,

Daß euer Lieb sich halt beym Leben!

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

O Medea, so thu Raht geben!

Dann du hast vns gar hart erschreckt,

Sehr grosse Forcht in vns auffgweckt,

Daß wir deß Höldts halb sollen sterben.

MEDEA sagt.

Besser ists, der Höldt thu verderben,

Daß man sein komm mit Ehrn ab.

Drumb ich mich schon besonnen hab,

Daß ich jhm wöll tragen herein

Ein Geschirr mit rotm vergifftem Wein,

Ehe dann man sich zu Tisch thut setzn.

Wenn er sich damit will ergötzn

Vnd von solchem rotn Wein trincken,

Wird er baldt zu der Erden sincken

Vnd eines jehen Todts ersterben.

Daß erlöst eur Gnad vom verderben.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

O Mein Medea, dasselb thu!

So komm ich meiner Sach zu ruh.


Medea geht ab, bringt ein schönes glaß mit rotem Wein, gibts dem König.


MEDEA sagt.

Hie bring ich den vergifften Wein,

Der eurm Gast ist geschencket ein.


Frigius vnd Gemius, bede Königliche Rähte, gehn baldt hernach.
[1257]

GEMIUS sagt.

Großmächtiger König, es kompt eur Gast,

Begehrt herein in den Pallast.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Geht hin vnd last jhn eylend rein,

Auff daß wir mit jhm frölich sein!

THESEUS geht ein, tregt sein Bundtschuch vnd Schwert, neyget sich gar höflich vnd sagt.

Gegrüst sey Königlich Majestatt,

Die mich hieher berufen hat!

EGEUS sagt.

Setzt euch zu mir her, so lang daß

Man zu Hof allhie zu Tisch blaß,

Sollt jhr mit vns zur Taffel gehn.

DER KÖNIG sicht jn an vnd sagt.

Ey potz! die Bundschuch alle zwen

Haben wir lang zu sehen begert.

DER KÖNIG sicht jm nach dem schwert vnd sagt.

Vnd woher kompt dir dises Schwert?

Balt sage vns den Namen dein!

THESEUS sagt.

Theseus ist der Namen mein.

EGEUS sagt.

Wer ist dein Mutter? sag uns da?

THESEUS sagt.

Deß Priesters Tochter Ädra,

Kompt von Königlichem Stammen her.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

O schweig! wir begeren nicht mehr.

O lieber Sohn, zu tausentmal

Sey vns willkomm auff vnsern Sal!

EGEUS, DER KÖNIG drückt ihn, nimbt das Glaß, würffts wider[1258] den boden vnd sagt.

Verflucht sey diß vergiffte Tranck!

Medea, vnser Lebenlang,

Vnd weil wir leben auff der Erden,

Soll dir daß nicht vergessen werden.


Medea schleicht traurig davon.


THESEUS sagt.

Eur Königlich Würdt sey Danck gesagt!

Ich hab die weiten Räiß gewagt

Zu Fuß biß in die Stadt Athen.

EGEUS sagt.

Vnserm Hertz thut groß Freüd durchgehn,

Wiewol wir dich, hertzlieber Sohn,

Auff dißmal solten haben abthon

Durch der falschen Medea Raht,

Die vns fälschlich betrogen hat,

Die wir doch Hertzlich theten lieben.

Die soll auß dem Land werden triben,

Soll vns auch zu ewigen zeiten

Nimmermehr kommen an die seidten,

Weil sie dir strebet nach dem Leben

Vnd wollt dir mit dem Gifft vergeben.


Man klopfft an.


FRIGIUS sicht hin vnd sagt.

Großmächtiger König, ein Bott allda

Deß König Mirus auß Creta.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Heist jhn nur balt rein zu vns gahn!

Wir wissen wol, was er will han.

MEGENUS, DER BOTT auß Creta, geht ein vnd sagt.

Mirus, der König, lest euch sagen,

Daß jhr solt noch in wenig Tagen

Ihm schicken sein Zinß vnd Tribut,

Der jhm all Jahr gebüren thut,

Sieben Mäidlein vnd siben Knaben.

Weil sich die Frist verloffen haben,

Die lieferung aber nicht ist gschehen,[1259]

Ihr euch vor Schaden für sollt sehen.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Sag deinem König wider an,

Sein Tribut soll er kürtzlich han

Wol in der Insel Creta weit!

MEGENUS sagt.

Das möcht jhr thun, dann jhr habt zeit.


Der Bott geht ab. Kommt Tiromenes, Orobes, Parites, Athenor, Julia vnd Tulia, die Athenischen Burger vnd Burgerin, fallen dem König zu Fuß,

tragen alle Klagkleider.


TIROMENES sagt.

Großmächtiger König vnd Herr,

Es ist kein König weit vnd ferr,

Bey dem besser zu wohnen wer;

Allein der Tribut ist zu schwer.

Eur Mayestatt helff vns deß ab!

So wöll wir mit Leib, gut vnd hab

Vns wie Vnderthanen erzeigen,

Auch gern sein Eur Gnad Leibeigen.

Doch haben wir mit schrecken vernommen,

Von Creta sey ein Bottschafft kommen,

Daß wir den Tribut sollen senden.

O Gnedigster Herr, helfft diß wenden!

OROBES sagt.

Ach Gott, wie thut die Statt Athen

Inn so gfehrlichem Vnfahl stehn,

Daß wir vnser Kinder in noth

Sollen hinschicken in den Todt!

PARITES sagt.

Nun weil es nicht anders sein mag,

Vns auch hilfft weder wehe noch klag,

Sonder all in gleicher wagnus stahn,

So müß wirs also lassen gahn,

Wie es geht, vnd deß Glücks erwarten.

ATHENOR sagt.[1260]

O meiner schönen Kinder der Zarten,

Die ich muß schlagen in die Schantz!

Des bin ich je betrübet gantz.

Drumb ich bitt Königlich Majestatt,

Die wöll vns geben guten Raht,

Wie wir doch kommen auß der Gferdt.

JULIA, DAS ATHENISCH WEIB in Klagkleidern verhüllet, sagt.

Kein traurigers Weib ist auff der Erd,

Weil meim Sohn das nächst loß hat troffen,

Auff den stund all mein trost vnd hoffen,

Daß er mich einmal sollt ernehrn.

Den thet der TeuffelsWurm verzehrn.

Den ich erzog mit grosser noth,

Den must ich geben in den Todt.

Seidt bin ich frölich nimmermehr.

TULIA sagt.

Ja mein Sohn tauret mich auch sehr,

Den ich must dasselb mal verlirn.

Der fleug an fleissig zu studirn.

Ein weisser Mann wer auß jhm worn.

Ietzt ist all mein Hoffnung verlorn.

Mich dünckt, mein Hertz wöll mir zerbrechen.

Mein Hertzleidt kan ich nicht außsprechen.

THESEUS sagt.

Warumb thut das Volck also traurn?

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

Ach jre Kinder thun sie taurn,

Die man gen Creta schicket hin.

THESEUS sagt.

Was würd dann widerfahrn jhn?

EGEUS sagt.

Da spert man sie in ein Irrgarten,

Darinn thut grausam auff sie warten

Minothaurus, ein greülichs Thier,

Ist halb ein Mensch vnd halb ein Stier.[1261]

Dasselb die Kinder thut zerreissen

Vnd thut von jhrem Fleisch sich speisen

Vnd trincket auß der Kinder Blut.

Das macht die Eltern vngemuth.

THESEUS sagt.

Ach soll denn der König Mirus

Brauchen solch Tyrannische Buß,

So will ich jhm sein Hochmuth brechen,

Der Kinder vnschultigs Blut rechen

An Minothauro dem Monstrum,

Mit dem ich hin zu kämpffen kumm

Mit sampt den Kindern vnverborgen,

Ob ich jhm helffen köndt auß sorgen.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

O lieber Sohn, bleib du mit Ruh!

Solch kämpfen laß wir dir nicht zu,

Dann es wer doch mit dir verlorn.

Das Thier speüt Feür in seinem Zorn,

Das niemand mag vor jhm bestahn.

THESEUS sagt.

Herr König, jhr wist nicht, was ich kan.

Ich hab in Cemioniam

Kämpfft mit dem grossen schwein Pheam,

Das vor im Land fast Zirckelrundt

Zurieß an zahl vil Menschen vnd Hund,

Macht schier ödt dasselbig gantz Landt.

Im dörfft thun niemand widerstand.

Dasselbig Schwein hab erwürget ich

Vnd hab auch kämpffet ritterlich

Mit Maraten, dem Ochssen ferrn.

Den Peos, seinen scharffen Herrn,

Fieng ich vnd fürt jhn gen Delphos

Vnd opfert jhn zum Opffer groß

Dem Appollo, darumb will ich

Auch kühnlich vnterwinden mich,

Den Minothaurum auch zu fellen[1262]

Vnd disen Tribut abzustellen.

Derhalb, Herr König, gib ich mich drein

Vnd hoff, gut Glück soll bey mir sein.

EGEUS, DER KÖNIG sagt.

O Sohn! die Götter geben dir glück

Auff diser Reiß inn allem stück!

Du stelst vns in groß Angst vnd sorgen.

THESEUS sagt zu dem Athenor.

Bringt mir die Kinder her auff Morgen!

So will ich selber zihen mit.

Darumb, jhr Eltern, trauret nit!

Wenn ich thu dises Monstrum finden,

Will ichs ritterlich überwinden

Vnd wider kommen mit eurn Kinden.


Sie gehen alle ab.


Quelle:
Jakob Ayrer: Dramen. Band 2, Stuttgart 1865, S. 1248-1263.
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