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Selbstgefühl

[564] Selbstgefühl ist das mit Eitelkeit gemischte Gefühl der Lust, welches aus dem Bewußtsein unseres Selbsts, unserer Kraft, Bedeutung oder Geltung entspringt. Es bereitet uns Lust, von uns selbst zu sprechen oder sprechen zu hören, uns gedruckt oder gemalt zu sehen, auf ein Buch von uns oder ein Zitat aus unseren Schriften zu stoßen. Meist erweckt schon Schmuck und Kleidung das Selbstgefühl. Die rauschende Schleppe, die nickende Feder, der bunte Rock, der rasselnde Säbel erheben die Trägerin und den Träger, und Schnurrbartbewußtsein läßt manchen geistig öden Jüngling selbstbewußt dreinschauen. Ebenso stärken Besitz, Macht, Herrschaft, Einfluß das Selbstgefühl. Vor allem vermehrt jede Leistung, die wir[564] glücklich vollbringen, sei sie physisch, technisch, intellektuell, künstlerisch oder moralisch, unser Selbstgefühl. Die Arbeit ist die relativ berechtigtste Quelle des Selbstgefühls. Daher findet sich beim Mann in Beruf und Stellung ein verhältnismäßig gesundes, beim Jüngling, der seine Kräfte überschätzt und in Phantasien schwärmt, oft ein übertriebenes Selbstgefühl. Der Erwachsene merkt bald, daß er nur ein Glied des Ganzen, ein Rad im Mechanismus des Lebens, also auf andere angewiesen ist, und lernt Bescheidenheit. Der Grad des Selbstgefühls hängt aber auch zum Teil von körperlichen Einflüssen ab. Vgl. Stolz, Eitelkeit, Ehrgefühl, Ehrgeiz, Selbstbewußtsein.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 564-565.
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