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Epos

[581] Epos, Epopoe, das Heldengedicht, die Erzählung in poetischer Form, ist die älteste Art der Dichtung und darum umittelbar aus dem Volke hervorgegangen, zugleich auch die älteste Form der historischen Ueberlieferung, daher diese immer, weil im Volksmunde lebend, zur Sage wird. Aus diesen Volksepen, die sich stets in einem gewissen Sagenkreise bewegen, sind dann die großen Epen, z.B. die Iliade des Homer, das älteste Nibelungenlied, der Cid etc. hervorgegangen; sie sprechen besonders durch ihre Frische an, welche ihnen durch den Glauben des Dichters od. vielmehr der Dichtenden, d.h. des Volks, verliehen wird. Das Kunst-E., d.h., das rein absichtlich geschaffene, nach Regeln geordnete, erregt das urkräftige Behagen nicht mehr wie das ursprüngliche E., weil das Streben des Dichters, etwas Schönes zu schaffen, zu häufig an den [581] Tag tritt. Eine Zeit, wie die unsrige, wo die Sagenbildung eben so wenig Boden findet als ein Held in antiker u. mittelalterlicher Bedeutung möglich ist, bringt auch kein eigentliches E. mehr hervor, höchstens entsteht es noch auf dem religiösen Gebiete, weil dieses immer Helden u. Wunder hegen kann. – Das E. wird in das classische, d.h. das antike oder nach den Regeln des antiken gedichtete und in das romantische, d.h. das mittelalterliche, eingetheilt; als dritte Art hat man das religiöse beizufügen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 581-582.
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