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Burschenschaft

[729] Burschenschaft, die (vergl. Burse), nannte man die 1815 aus dem frühern Tugendbund hervorgehende Studentenverbindung, welche zuerst in Jena wissenschaftliche und patriotische Bestrebungen an die Stelle des von Zachariä gezeichneten Rennomistenthums setzen wollte. 1817 gab das Wartburgfest Anlaß zur Gründung einer allgemeinen B.; der überschwängliche Geist vieler Mitglieder in Verbindung mit traurigen Zeitverhältnissen stellte politische Bestrebungen in den Vordergrund und führte zu heimlichen engern Verbindungen. Die Ermordung Kotzebues 1819 durch Sand gab das Signal zur Verfolgung der B. Jetzt lösten die Karlsbader Beschlüsse die ganze B. als staatsgefährlich auf, man leitete Untersuchungen wegen demagogischen Umtrieben ein, die bis 1827 ohne erhebliches Resultat fortdauerten und das heimliche Fortbestehen der B., welche durch einen Ausschuß geleitet wurde, nicht zu hindern vermochten, wie dies der Bamberger Burschentag bewies; vielmehr wurde die Trennung der B. in Arminen, welche das Volk zunächst zur Mündigkeit heranbilden wollten, und Germanen, die alles Heil von der Revolution und Republik erwarteten und vielfach mit den Revolutionären des Auslandes, namentlich nach dem Polenkriege von 1831 verkehrt haben sollen, immer schroffer. Das Frankfurter Attentat lud vielen Studierenden harte Strafen und das traurige Loos politischer Flüchtlinge auf und führte in manchen Staaten fast zur Vernichtung, in allen zu starken Beschränkungen der sogen. akadem. Freiheit. Die Arminia allein bestand ihrem Wesen nach mit lockerer Verbindung der einzelnen Gesellschaften neben den sinnlos gewordenen und vielfach verkommenen Landsmannschaften fort. Im Anfang der vierziger Jahre blühte die B. von neuem auf, der Kampf gegen die Landsmannschaften entbrannte wiederum und führte auf mehreren Universitäten zur Gründung von sog. Ehrengerichten gegen das Duell. Letztere hatten jedoch wenig Bestand, denn politische Ansichten trennten die B. in Liberale und Radikale, Constitutionelle, Republikaner und Communisten. Die Anticipation der Revolution auf deutschen Universitäten fand im Inhalte und in den Schicksalen der 1845 von Struve eingeleiteten und bald wieder in nichts zerfließenden Studentenzeitungen ihren Ausdruck. Die Mitglieder der B., welche weder zur äußern noch innern Einheit gelangte und sich »Reformpartei« nannte, nahmen im Ganzen während der Revolution von 1848 keine hervorragende Stellung ein, denn die österr. Studenten und vor allem die Wiener Aula dürfen insofern nicht zu ihr gezählt werden, als dieselbe früher bereits in gar keiner Verbindung mit dem übrigen Deutschland standen und die Hochschulen überhaupt ihre frühere Bedeutung eingebüßt hatten. Doch leisteten die Studierenden in den 2 Revolutionsjahren mehr als genug, um auf viele Mängel des höhern Erziehungswesens aufmerksam zu machen. Vgl. die Schriften von Haupt (1820). Herbst (1823). Die Darlegung der Ergebnisse der bis 1838 dauernden polit. Untersuchungen durch den deutschen Bundestag, Schedlers »Studentenspiegel« u.a.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 729.
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