[go: up one dir, main page]

Osiris

[1823] OSIRIS, ĭdis, Gr. Ὄσειρις, ιδος.

1 §. Namen. Dieser soll nach dem Aegyptischen viel bedeuten, und unter andern auch eine wirksame und gutthätige Kraft. Plutarch. de Is. & Osir. p. 368. T. II. Opp. Indessen saget man doch, daß er so viel, als πολυόφθαλμος, oder vieläugig heiße. Diod. Sic. l. I. c. 11. p. 7. Dagegen machen andere solchen Namen lieber von Misori, welches so viel, als Aegypten bedeutet, oder auch von Sior, welches der Namen ist, womit unter andern der Nil bemerket worden. Voss. Theol. gent. l. I. c. 27. Noch andere leiten solchen aus dem Ebräischen von ischir, selig, her. Becmann. Orig. L. L. in Osiris, p. 293. Jedoch behalt erstere Ableitung immer noch mehr Beyfall, weil Os bey den Aegyptern Viel, Irin aber ein Auge, bedeuten soll Plutar. l. c. p. 355. Heurn. Philos, Barbar. l. I. p. 41. Gleichwohl hat man angemerket, daß iri nicht so wohl ein Auge, als vielmehr thun, im Aegyptischen bedeute; und dieser Namen also einen anzeige, der viel thut, oder mit einer großen wirksamen Kraft begabet sey. Iablonski Panth. ægypt. P. I. p. 147. Man hat auch gemeynet, er konne wohl so viel, als Os-i-re, einen König, der viel geht, oder die Sonne, die viel geht, andeutet sollen. Id. p. 148. Desgleichen, da der Nil doch ein Abfluß des Osiris genannt wird, könnte man ihn auch vieleicht von Hou, Regen, und Scher, streuen, herleiten; da er denn einen Regenstreuer bedeutete; weil er doch in Aethiopien müßte regnen lassen, wenn der Nil aufschwellen sollte Ib. p. 149. Für das Wahrscheinlichste aber hält man, daß er von Voeisch, Zeit, und iri, thun, Ursache von etwas [1823] seyn, herkomme; da denn Voeisch-iri, oder welches eben das ist, Oeisch-iri, denjenigen anzeiget, der die Ursache der Zeit ist, wodurch denn die Aegypter diese Wirkung der Sonne haben anzeigen wollen. Ib. p. 151. Doch, da die ägyptischen Priester ihn auch wohl Usiris nannten, so wollten sie damit einen heilbringenden König bezeichnen. Denn Udsiie oder Udse heißt im Aegyptischen erhalten, Heil bringen, und Re bedeutet einen König Ib. p. 150.

2 §. Aeltern. Diese waren nach einigen Saturnus und Rhea, nach andern aber, Jupiter und Juno, deren Kinder Osiris, Isis, Typhon, Apollo und Venus gewesen seyn sollen. Diod. Sic. l. I. c. 13. p. 9. Einige geben auch nur den Sol für des Osiris, den Mercurius aber für der Isis Vater an, wenn gleich Rhea beyder Mutter ist. Plutarch. de Is. & Osir. c. 14. Sieh Isis 2. §. Als er geboren worden, so soll eine gewisse Weibesperson in Theben, Pamyle, da sie Wasser geholet, eine Stimme aus Jupiters Tempel gehöret haben, die ihr anbefohlen, sie sollte ausrufen, es wäre der große König und Wohlthäter Osiris geboren. Diese soll auch nachher den Osiris auferzogen haben, wovon denn das pamylische Fest den Namen erhalten. Plutarch. l. c. p. 355.

3 §. Stand und Thaten. Er war, nach der Griechen Erzählung, ein König in Aegypten, welcher, seiner guten Verdienste wegen, unter die Götter gerechnet worden. Denn er verschaffete, daß die Menschen einander nicht mehr, wie vorher, selbst fraßen, indem er dafür den Getraidebau erfand. Diod. Sic. l. I. c. 14. p. 9. Hiernächst liebete und unterhielt er alle diejenigen, welche etwas nutzbares erfanden, errichtete zu Theben, (welche Stadt er auch zuerst und zwar so groß und weitläuftig erbauete, daß sie bis auf hundert Thore hatte), allerhand Werkstäte, worinnen sowohl Gewehr wider die wilden Thiere, als Werkzeuge zum Ackerbaue verfertiget wurden; bauete den Göttern Tempel und verfertigte ihnen Bildsäulen von Golde.[1824] Id. ib. c. 15. p. 9. Dabey befliß er sich insonderheit der Freygebigkeit, und brachte endlich ein ungemein großes Heer zusammen, womit er die Welt durchzog, und den Menschen sowohl die Pflanzung des Weines, als auch Säung des Getraides, zeigete. Id. ib. c. 17. p. 10. Cf. Tibul. l. I. eleg. 8. 29. Die Regierung des Reiches überließ er indessen seiner Gemahlinn, der Isis, gab ihr aber doch zu ihrem Rathe den Mercurius, zu ihrem Heerführer den Herkules, und bestellete den Busiris über Aethiopien, den Antäus aber über Libyen zu Statthaltern. Seinen Bruder, den Apollo, imgleichen den Anubis und Macedo, wie auch den Pan, Maron und Triptolemus nahm er mit sich, wobey er den Göttern gelobete, sein Haar nicht eher wieder abnehmen zu lassen, als bis er nach Aegypten zurück gekommen. Er gieng also zuerst nach Aethiopien, woselbst sich die Satyrn zu ihm schlugen. Nachdem er seinen Statthalter und Zolleinnehmer in solchem Lande eingesetzet, auch viele Städte erbauet und den Ackerbau angerichtet hatte: Id. ib. c. 18. p. 11. so gieng er durch Arabien, am rothen Meere hin, nach Indien, und erbauete daselbst die Stadt Nysa. Id. ib. c. 19. p. 12. Von da gieng er aus Asien über den Hellespont nach Thracien, räumete daselbst den Tyrannen Lykurgus aus dem Wege, und ließ dafür den Maron daselbst, wie den Macedo in Macedonien, und den Triptolemus in Attika. Als er endlich solcher Gestalt die ganze Welt durchzogen, und überall, wo der Wein nicht Statt fand, den Leuten das Bier zu brauen gewiesen, so kam er wieder nach Aegypten. Id. ib. c. 20. p. 12. Cf. Plutarch. de Isid. & Osir. c. 15. p. 356. Er regierte daselbst so, daß jedermann vollkommen mit ihm zufrieden war. Er liebete die Fröhlichkeit, den Scherz und das Lachen, und hatte auf seinen Feldzügen ein Chor Sängerinnen und Musikanten bey sich, welche die neun Musen gewesen seyn sollen. Diod. Sic. l. c. p. 11.

4 §. Gemahlinn und Kinder. Erstere war Isis, seine eigene Schwester. [1825] Diod. Sic. l. I. c. 13. p. 9. Er zeugete mit ihr den Horus, Id. ib. c. 21. p 12. und zwar sollen sie sich dießfalls schon im Mutterleibe zusammen gefunden haben. Plutarch. de Is. & Osir. c. 15. p. 356. Gleichwohl beschlief er auch seine andere Schwester, Nephthys, in der Meynung, sie sey Isis, und zeugete mit ihr den Anubis, welchen Isis auferzog. Id. ib. c. 16. p. 356. Er soll sich auch so gar nach seinem Tode wieder zur Isis gefunden, und mit ihr den Harpokrates gezeuget haben. Id. ib. c. 20. p. 358.

5 §. Tod und Begräbniß. Sein Bruder Typhon wollte gern regieren, u. überfiel ihn also unversehens mit sechs und zwanzig andern seines Gleichen. Nachdem er ihn nun hingerichtet, so theilete er dessen Körper in sechs und zwanzig Stücke, und gab einem jeden seiner Gehülfen eines davon, damit sie desto fester bey ihm halten sollten. Indessen, da es zwischen ihm und der Isis, sammt dem Horus, an dem Nil, bey dem Flecken Antäum, zur Schlacht kam, so verlor er doch solche, und Isis behauptete die Herrschaft, welche darauf des Osiris Körper wieder zusammen brachte, bis auf den Theil, welcher den Unterschied zwischen ihm und ihr machte. Sie verkleidete einen jeden derselben mit Wachs und Gewürze so, daß er die Gestalt des ganzen Osiris bekam. Nachdem sie die Priester von Gemeine zu Gemeine zu sich gefordert hatte, so gab sie einem jeden ein dergleichen Bild, mit dem Vorgeben, daß solches der Rest von dem Osiris wäre, u. befahl, es heilig aufzuheben, und ihm die Ehre zu erweisen, welche Osiris um sie mit seinen Wohlthaten verdienet hätte. Sie gab auch jedem ein besonderes Thier zu, mit dem Befehle, solches, so lange es lebete, als den Osiris zu verehren, und dafern es stürbe, die Trauer über den Osiris zu erneuen. Alles dieses thaten die Priester um so viel lieber, jemehr Ländereyen Isis zugleich zu ihrem Unterhalte mit dazu schlug. Ob sie nun wohl insgesammt auf die sechs und zwanzig Bilder des Osiris bekommen, so glaubete [1826] doch jede Gemeine, daß sie den rechten Osiris bey sich hätte. Diod. Sic. l. I. c. 21. p. 12. Nach einer andern Erzählung sperrete ihn Typhon durch List in einen Kasten, warf solchen in den Nil, und ließ ihn also nach dem Meere zu schwimmen. Sieh Typhon. Alles dieß geschah den 17 des Monats Athyr, nachdem Osiris seine Regierung, oder, nach andern, sein ganzes Leben erst auf acht und zwanzig Jahre gebracht hatte. Plutarch. de Is. & Osir. c. 15. Immittelst suchte Isis, wie man weiter will, den Osiris überall, und erfuhr endlich von einigen Knaben, wo der Kasten mit ihm zugeschwommen war. Sie bekam ihn auch endlich zu Byblus von dasigem Könige, dem Malkandrus, und dessen Gemahlin, Astarte, wieder. Da sie aber mit demselben nach ihrem Sohne, Horus, der zu Butus auferzogen wurde, reisete, und ihn des Nachts auf dem Felde stehen ließ, so fand ihn Typhon wieder, indem er ungefähr bey Mondenscheine jagete, nahm des Osiris Körper heraus, zerhieb ihn in vierzehn Stücke, und streuete sie hin und wieder. Isis suchete lolche daher sorgfältig wieder zusammen, und begrub ein jedes, wo sie es fand, außer dem einen schon oben angezeigten Gliede, welches Typhon in den Nil geworfen, und eine Art Fische gefressen hatte, die deswegen bey den Aegyptern besonders in heiligem Ansehen stunden. Indessen ließ Isis ein anderes verfertigen, und heiligte solches unter dem Namen Phallus. Id. ib. c. 16. 17. 19. p. 357. & 358. Ob also nun gleich nach dem, wie Isis entweder die Bilder des Osiris vertheilete, oder auch dessen Stücke begrub, viele Grabmaale und dabey errichtete Tempel desselben in Aegypten waren: so wollten dennoch insonderheit die Städte Abydus und Memphis den rechten und eigentlichen Körper besitzen; wogegen noch andere die dritte Stadt, nämlich Busiris, hinzufügen, woselbst er soll seyn geboren worden; und die Stadt Taphosiris zeuget selbst mit ihrem Namen, daß sie der Begräbnißort solches vermeynten Gottes seyn [1827] wolle. Id. ib. c. 22. Jedoch wollen auch einige, daß er und Isis bey Philä, in einer Insel des Nils, begraben worden. Noch andere setzen ihre Gräber gar nach Nysa in Arabien, woselbst wenigstens eine Grabsäule mit einer Inschrift dieses Inhaltes zu sehen gewesen: »Mein Vater ist Saturn, der jüngstgeborene unter den Göttern. Ich aber bin Osiris, derjenige König, welcher ein Heer in alle Welt bis an die unwohnbaren indischen Lande und gegen den Nordpol liegenden Gegenden, bis zu den Quellen des Isterstromes und weiter zu den übrigen Theilen der Erde bis ans Weltmeer, geführet hat. Ich bin Saturns ältester Sohn und ein Keim aus schönem edlem Samen entsprossen, ein Verwandter des Tages; und es ist kein Ort in der Welt, wohin ich nicht gekommen bin, der ich das, was durch meine Wohlthat erfunden worden, allen austheile.« Diod. Sic. l. I. c. 27. p. 16.

6 §. Bildung. Die Aegypter bildeten ihn oft unter einem Habichte ab. Jedoch fand man ihn auch überall in Menschengestalt mit einem steifen Zeugungsgliede; und ein flammichtes Kleid bedeckete seine Bildnisse. Plutarch. de Is. & Osir. c. 60. p. 371. In ihren hieroglyphischen Vorstellungen schilderten sie ihn unter einem Zepter mit einem Auge oben darauf. Macrob. Satur. l. I. c. 21. p. 303. Auf der so genannten isischen Tafel erscheint er in gewöhnlicher ägyptischer Kleidung bald mit einem Menschen-bald mit einem Habichtskopse, am öftersten aber doch mit dem erstern. Auf demselben hat er Ochsenhörner, die über der Mütze oder Kappe, die er trägt, hervor gehen. Ueber den Hörnern befinden sich ein Paar sehr hohe Zinnen von Palmblättern, wie man meynet, und dazwischen gemeiniglich eine Scheibe, die man für eine Sonne halten kann, und auch wohl eine Schlange dabey; oder sie ist mit andern Dingen umgeben, die man schwerlich errathen kann. In der einen Hand trägt er einen langen Stab oder Zepter, auf welchem oben ein [1828] Vogelskopf ist, und in der andern hält er einen Ring, woran sich ein Kreuz befindet. Pignor. mens. Isiac. p. 50. & 97. Man hat auch noch verschiedene alte Denkmäler, worinnen er sowohl mit dem Menschengesichte, als Habichts. kopfe, vorkommt. Doch will man an einigen derselben lieber einen Ibiskopf entdecken. Montfauc. ant. expl. T. II. P. II. pl. 118, 119. p. 290. Cf. Supplem. aux ant. expl. T. II. pl 51. p. 169. Einen solchen Habichtskopf mit einem Menschenrumpfe findet man noch auf einem ägyptischen Marmor, den man daher ebenfalls für ihn annimmt. Beger. Thes. Brand. T. III. p. 306. Desgleichen giebt man die Abbildung eines unbekleideten alten Mannes mit Flügeln und einer Art von Köcher auf dem Rücken, der eine Krone von vielen halben Monden, wie es scheint, oder dergestalt in die Höhe stehenden Schilfblättern mit einer dreyeckichten Figur oben darauf, über welcher noch eine Henne steht, auf dem Kopfe trägt, für ihn aus. Er hat über der linken Achsel ein zusammen genommenes Gewand, und in dem Arme eine Art von Streitkolbe oder so etwas, worauf oben ein Vogel, so wie auch dergleichen unten an derselben steht. Gyral. Synt. II p. 75. Sonst soll er schwärzlich ausgesehen haben. Plutar. l. c. p. 364.

7 §. Verehrung. Ungeachteter nebst der Isis in ganz Aegypten durchgängig verehret wurde: Herodot. Eut. II. 42. so war er doch nur ein Gott von der dritten Ordnung bey den Aegyptern. Ib. 145. Man muthmaßet daraus, daß sein Dienst erst einige Jahrhunderte nach dem Ausgange der Kinder Israel aus Aegypten daselbst angefangen habe. Iablonski Panth. ægypt. P. I. p. 139. Gleichwohl nahm er dergestalt überhand, daß man das eigentliche Wesen, welches Osiris vorstellen sollte, und man von den ältesten Zeiten an verehret hatte, fast ganz für ihn vergaß. Ib. p. 156. Er hatte viele Tempel, wie wir gesehen, und wovon wir auch die vorgegebene Ursache angeführet haben. Unter den vielen Festen der Aegypter findet man sonderlich drey, die ihm [1829] vorzüglich eigen waren. Das eine war die Wiederfindung desselben, an welchem die Priester und Heiliggekleideten bey Nachtzeit ans Ufer giengen, und daselbst in ein goldenes Kästchen, welches sie in der heiligen Küste dahin getragen hatten, trinlbares Wasser gossen. Hierbey machten die Anwesenden ein großes Freudengeschrey und riefen, Osiris sey wieder gefunden worden. Darauf nahmen sie fruchtbares Erdreich, kneteten es mit diesem Wasser ein, mischeten allerhand Specereyen und Räuchwerk darunter, welche von den Vornehmen waren geopfert worden, und verfertigten ein kleines Bild un Gestalt des Mondes daraus, welches sie hernach mit allerhand Zierrathen behängeten und ausputzeten. Plutar. de Is. & Osir. p. 366. Man hält solches Fest mit den Pamylien für einerley, weil dieß Wort eigentlich gute Bothschaft heißt. Iablons. l. c. P. III. p. 202. Es hatte aber dasselbe mit den Phallephorien viel Aehnlichkeit. Plutar. l. c. p. 355. Sie begiengen es nämlich mit einem von Holze gemachten männlichen Gliede, und setzeten ein Bild zur Schau aus, welches ein dreyfaches Schamglied hatte, und nachher von ihnen herum getragen wurde. Ib. p. 365. Man erzählet auch von ihnen, sie hätten dem Bacchus ein Fest gefeyret, an welchem sie, statt der Abbildung des männlichen Gliedes, welche Phallus heißt, anderthalb Ellen lange Bilder herum trügen, die sich durch Stricke bewegen ließen, wie die Marionetten. An denselben befand sich ein Glied, welches nicht viel kleiner war, als der übrige Leib, und sich bewegte. Diese Bilder trugen einige Weiber auf den Dörfern herum, und hatten Musikanten vor sich hergehen: die andern Weiber aber folgeten nach und befangen den Bacchus. Herodot. l. c. c. 48. Dieses so eben dasselbe Fest gewesen seyn. Iabl. l. c. p. 204. Jedoch machet man noch einigen Zweifel dagegen. Schlegel bey Ban. Erl. der Götterl. II B. 339 S. Ein anders Fest feyerten sie ihm im Anfange des Frühlinges im Neumonde, welches sie den Eingang des Osiris [1830] in den Mond hießen; und das dritte war das Begräbniß des Osiris. Plut. l. c. p. 368. An demselben pflagen sie ein Stück Holz von einander zu schneiden, einen Sarg zu Rechte zu machen, der wie der halbe Mond gestaltet war, Leinenzeug zu zerreissen und Todtenopfer darzubringen. Ib. & 359. Nimmt man nun noch an, daß Osiris auch unter dem Apis verehret worden; Strabo l. XVII. p. 807. wie denn dieser das lebende Bild von ihm gewesen; Plut. l. c. p. 368. ja, daß er auch mit dem Serapis einerley sey: Tac. Hist. l. IV. c. 84. so erkennet man die Große seiner Verehrung. Sie blieb nicht bloß in Aegypten; sondern kam auch nach Griechenland, Paus. Att. c. 18. p. 31. und Rom, woselbst er seine Tempel hatte. Onuphr. Panvin. ap. Rofin. l. I. c. 13. Selbst die Juden sollen ihn unter dem Namen Thammuz verehret haben. Marsham. Sæc. I. p. 31. Ja, es haben solches fast alle Nationen gethan, wenn er Bacchus, Pluto, Jupiter, Pan u.s.w. seyn soll. Diod. Sic. l. I. c. 25. p. 15. Es war aber bey seinem Dienste etwas besonders, daß in seinem Tempel zu Abydus weder ein Sänger, noch ein Flötenspieler, noch ein Harfenschläger, das Opfer anfangen durfte, wie es sonst bey andern Göttern gewöhnlich war. Strabo l. c. p. 814.

8 §. Eigentliche Historie. Einige wollen, daß hinter ihm Misraim, des Noa Enkel und Sohn des Chams, mit seiner Historie, verborgen liege. Banier Entret. VII. ou P. I. p. 192. Dess. Erl. der Götterl. II B. 114 u. 170 S. Andere finden drey Personen in ihm vereiniget, den Misor, und diesem als dem ältesten soll der Mnevis heilig gewesen seyn; den Joseph, der bey den Griechen Epaphus hieß, und dem der Apis gewiedmet war; und den Moses oder arabischen Bacchus, welchem besonders die Feldzüge zukommen. Voss. de theol. gent. l. I. c. 27, 29, 30. Einige haben Mosen allein in ihm gesehen. Huet. D. E. Prop. IV. c. 4. §. 3. Es soll aber Osiris viel älter, als Joseph und Moses, seyn. Banier am a. O. Man hat daher geglaubet, er sey Cham [1831] selber, welcher, unter dem Namen Menes, der erste in den Dynastien sey, die den Göttern und Halbgöttern gefolget sind. Marsham. Sæc. I. p. 31. Nichts desto weniger hat man doch auch gemeynet, daß er der Pharao, oder Salatis sey, der den Joseph erhöhet hat. Kochs Pharus 24 u. f 38 u. f. S. Eben so hat man behauptet, er sey kein anderer, als Sesostris, oder der Sesac, dessen in der h. Schrift gedacht wird. Newton chronol. des anc. royaumes corrig. p. 206. Ungeachtet man nun dieses sattsam widerleget, so will man doch nicht leugnen, daß nicht beyder Geschichte mit einander vermenget worden, und die Namen Sesostris und Osiris leicht haben können verwechselt werden. Warburton's div. Legat. of Moses B. IV. sect. 5. Eben so steht es nicht hinlänglich zu erweisen, daß er mit dem Menes einerley und dieser wiederum der Misraim sey. Perizon. Orig. ægypt. c. 5. & 22. Doch ist es wahrscheinlich, daß er einer der ältesten Könige in Aegypten gewesen. Wenn man aber seinen Namen nicht in deren Register mit antrifft, so vermuthet man, daß er solchen erst bey seiner Vergötterung erhalten habe. Banier a. a. O. 173 S.

9 §. Anderweitige Deutung. Insgemein verstunden die Aegypter selbst nichts anders unter ihm, als die Sonne, so wie unter der Isis den Mond, oder die Erde. Diod. Sic. l. I. c. 11. p. 7. Macrob. Saturn. l. I. c. 21. p. 303. Gleichwohl war er nur ein symbolisches Bild derselben, so wie Apollo bey den Griechen, und erst in den neuern Zeiten angenommen. Denn vorher verehreten sie dieselbe unter ihrem eigentlichen Namen Phre. Iablonski Panth. ægypt. P. I. p. 137. Indessen meyneten auch einige, daß der Nil unter dem Osiris verstanden würde, welcher der Isis oder Erde beywohnete. Plut. de Is. & Osir. p. 363. Daher hat man denn beyde für gleich viel bedeutende Wörter gehalten, zumal der Nil selbst vielfältig Siris genannt wird. Selden. de Diis Syr. Synt. I. c. 4. p. 147. Bey genauerer Untersuchung aber findet [1832] solches nicht Statt, und sie waren beyde weit von einander unterschieden. Iablonskil. c. P. II. p. 148. sqq. Wenn also gesaget wird, daß Osiris der Nil sey, so geschieht solches nur in der Meynung, daß der Nil seinen Ursprung vom Himmel habe, Euseb. Pr. Ev. l. III. c. 11. und er ein Abfluß des Osiris sey. Plutar. l. c. p. 365. & Sympos. l. VIII. qu. 8. p. 729. Cf. Iabl l. c. P. I. p. 127. Bey den Griechen wurde er gemeiniglich für den Bacchus angenommen. Herodot. Eut. II. c. 42. & 144. Diod. Sic. l. c. Plutar. de Is. & Osir. p. 364. Allein, dieß geschah ebenfalls nur, in so weit derselbe in der ältesten Götter. lehre mit der Sonne überein kam. Iablon. l. c. p. 129. Denn obgleich in des Osiris Geschichte mit erzählet wird, daß er auch den Weinbau gelehret, so ist doch solches nicht wahrscheinlich, weil der Wein den Aegyptern ein Gräuel war. Ib. p. 130 sqq. Einige ägyptische Priester verstunden überhaupt allen feuchten Urstof und die befeuchtende Kraft unter ihm, welche sie für die Ursache der Zeugung und das Wesen des Samens hielten. Plutar. l. c. p. 364. Desgleichen deuteten sie ihn bey der Seele auf die Vernunft und den Verstand, den Urheber und Herrn alles Guten: bey der Erde aber, bey den Winden, beym Wasser, Himmel und Gestirne auf das Ordentliche, Beständige und Untadelhafre und auf die gute Vermischung und richtige Abwechselung der Zeiten, Plut. l. c. p. 371. und was dergleichen mehr ist.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1823-1833.
Lizenz:
Faksimiles:
1823 | 1824 | 1825 | 1826 | 1827 | 1828 | 1829 | 1830 | 1831 | 1832 | 1833

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gustav Adolfs Page

Gustav Adolfs Page

Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.

42 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon