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Teppiche

[967] Teppiche verwendete man im Mittelalter schon recht häufig zur Belegung der Fussböden und Gänge in Kirchen und Wohnhäusern, sowie auch als Vorhänge für Wände, Thür- und Fensteröffnungen. Von ganz besonders kostbaren Teppichen ist schon in der alten orientalischen Geschichte die Rede. So sollen die Araber bei Eroberung des Perserreiches in Khosru's Palast einen Teppich vorgefunden haben, der sechzig Ellen im Geviert gemessen, aus Seide gewirkt und mit Gold, Silber und farbigen Edelsteinen geziert war, die einen in Blüten und Früchten prangenden Obstgarten darstellten. Omar verteilte den Teppich unter seine Freunde, deren Zahl nicht angegeben wird; doch soll ein Stück von Ali mit 20,000 Silberstücken bezahlt worden sein.

Die Teppiche des früheren Mittelalters stammen meist aus dem Orient. Vom 11. Jahrhundert an weben die[967] Laienbrüder der Klöster Teppiche in Leinwand und die Nonnen ahmen die vorliegenden orientalischen Muster nach. Die Bodenteppiche werden nur mit geometrischen Figuren oder mit Ornamenten geziert, allerhöchstens mit Bildern aus den niedern Tierklassen, »mit bösem Gewürm«; die Vorhangteppiche aber, sowie die zum Decken der Möbel verwendeten werden namentlich vom 13. Jahrhundert an zu eigentlichen Luxusgegenständen. Die kirchlichen erhalten kirchliche Bilder, diejenigen für den Privatgebrauch zum Ten weltliche. Berühmt ist die äusserst wertvolle »Tapete von Bayeux«, die für die Kostümkunde ihrer Zeit wichtige Aufschlüsse gibt. Auf einer Leinwandfläche von 63 m Länge und 9,46 in Höhe schildert sie in 72 Szenen mit 530 Figuren die Eroberung von England durch Wilhelm dem Eroberer. Die Stickerei ist im Plattstich ausgeführt und mit vielen Inschriften versehen. Die Arbeit stammt wahrscheinlich aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts und wird von den einen der Gemahlin Wilhelms, der Königin Mathilde, von andern der Tochter Heinrichs I. von England zugeschrieben.

Sehr sehenswerth sind auch die Zeltteppiche Karls des Kühnen, die er bei Granson verlor. Sie stellten die Kriegsthaten Julius Cäsar's dar und sind ohne Zweifel eine niederländische Arbeit, wie denn überhaupt die Niederländer sich im späteren Mittelalter auch in der Teppichstickerei besonders hervorgethan haben.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 967-968.
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