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Erdmann, Benno

[156] Erdmann, Benno. geb. 1851 in Guhrau, Prof. in Berlin. E. ist vor allem als Logiker bekannt. Erkenntnistheorie ist die Wissenschaft, deren Aufgabe es ist, die allen Einzelwissenschaften gemeinsamen Voraussetzungen über die materialen Grundlagen unseres Erkennens zu untersuchen. Die Logik ist »die allgemeine Wissenschaft von den Arten und der Geltung der Urteilsoperationen, d. i. den formalen Voraussetzungen, die allem wissenschaftlichen Denken zugrunde liegen«. Sie abstrahiert nicht von allem Denkinhalt. Sie ist nicht Psychologie, keine Tatsachenwissenschaft, sondern »die allgemeine formale und normative Wissenschaft von den methodischen Voraussetzungen [156] des wissenschaftlichen Denkens«. Ihr Maßstab ist das »Ideal durchgängiger Allgemeingültigkeit oder Wahrheit«. Nach der »Einordnungstheorie« (einer Abart der Inhaltstheorie) ist das Urteil eine »Gleichheitsbeziehung der Einordnung« und ist gültig, wenn das Prädikat, als Inhaltsbestandteil des Subjekts vorgestellt werden kann (»Logische Immanenz« des Prädikats). »Das Urteil ist die durch den Satz sich vollziehende, durch die Inhaltsgleichheit der materialen Bestandteile bedingte, in logischer Immanenz vorgestellte Ordnung eines Gegenstandes in den Inhalt eines ändern.« Urteile über Urteile sind »Beurteilungen«. – Die Axiome der Geometrie sind empirischen Ursprungs (induktiv). Nur sofern die Raumvorstellung durch psychische Vorgänge erzeugt wird, ist sie apriorisch. Unsere Urteile beziehen sich auf ein Transzendentes, welches aber nur symbolisch, vermittelst der Phänomene erkannt wird, ebenso der postulierte dynamische Zusammenhang. Die Außenwelt als Phänomen ist »nur ein besonderer Ausschnitt aus unserem vorstellenden Bewußtsein«.

Die Dualität der Erscheinungen ist unaufhebbar; es besteht aber zwischen Tsychischem und Physischem keine Wechselwirkung, sondern ein Parallelismus. Psychisches und Physisches sind »koordinierte Erscheinungsreihen des Seienden, das die kausale Grundlage der Innen- wie der Außenwelt bildet, in unserem Bewußtsein«. »Das Mechanische ist das von außen erfaßte Seelische, das Seelische das von innen erfaßte Mechanische unseres Körpers.« Alles Leben ist seelisch, alles Geschehen auch psychisch (»Doppelnatur« des Seins). So wird der Panpsychismus ein »phänomenologischer Dualismus auf monistischer Grundlage«. Ein Teil des psychischen Geschehens ist unbewußt. Es gibt ein »erregtes« und »unerregtes« Unbewußtes. Die Gedächtnisreste sind »unbewußte Bedingungen möglichen Bewußtseins«. Mit dem vorliegenden Bewußtseinsbestande sind »unbewußt erregte Gedächtnisresiduen« verflochten (Assoziation, Sprechen, Lesen usw.).

Schriften; M. Knutzen, 1876. – Kants Kritizismus, 1877, – Die Axiome der Geometrie, 1877. – Zur Theorie d. Apperzeption, Vierteljahrsschr. f. wiss. Philos. X. – Die psychol. Grundlagen der Beziehungen zwischen Sprechen und Denken, Arch. f. syst. Philos. II – III. – Umrisse zur Psychol. d. Denkens, Sigwart-Festschrift; 2. 1908. – Logik I, 1892; 2. A. 1907. – Psychol. Untersuchungen über das Lesen, 1898 (mit Dodge). – Die Psychol. d. Kindes, 1901. – Über Inhalt u. Geltung d Kausalgesetzes, 3905. – Wissenschaftliche Hypothesen über Leib u Seele, 1907 u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 156-157.
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