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Thusnelda

[128] Thusnelda. Geschlagen waren die stolzen römischen Legionen, Roms unbesiegter Adler gestürzt im teutoburger Wald, (s. d.); laut ward von seinen Schlachtgenossen Hermann oder Armin, der Cheruskerfürst, als der Retter der deutschen Freiheit von dem Joche der Römer begrüßt. Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew'ger Bund zu flechten! Bald mußte Hermann die Waffen ergreifen gegen seine eigenen Mitbürger, an deren Spitze der Kattenfürst Segestes stand, dem er früher die eigene Tochter entführt, die reizende, blondlockige T. Vergebens warf sich diese dem Gatten um den Hals, und beschwor ihn, nicht das Schwert gegen ihren eigenen Vater zu erheben. Er mußte: denn schon nahten abermals die Römer, von Segestes herbeigerufen, unter des Germanicus Anführung. Letzterem gelang es dießmal, die Germanen[128] zurück zu drängen, und – grausames Verhängniß! auch die Gattin Hermann's hatte das Unglück, in die Hand der Römer zu fallen. Dieses Unglück war, bei ihrer Liebe zu Gemahl und Vaterland, über Thränen hinaus. Auch hatte sie keine Thränen. Stumm, mit gefaltenen Händen stand sie vor dem Germanicus und hielt den Blick gesenkt auf ihren Schoos, welcher die Frucht von Hermann's Liebe noch barg. Und stumm und starr folgte sie den Zügen des Feindes als Gefangene; und stumm ohne einen Laut des Schmerzes gebar sie in dem Lager des Feindes ihren Sohn, Hermann's Sohn. Im folgenden Jahre feierte Germanicus seinen Triumph über die Cherusker und alle deutsche Völker bis zur Elbe. Prachtvoll war dieser Triumphzug. Vor dem glanzvollen Siegeswagen wurden die röm. Fahnen hergetragen, die Germanicus in der Burg des Segestes wiedergefunden hatte. Dann folgten erbeutete feindliche Waffen, und die Bilder der deutschen Berge und Flüsse, und die Bilder der Schlachten, die gekämpft waren. Eine Menge gefangener Menschen, Männer, Weiber und Kinder in Sclavenketten einhergehend, wurden als Beweise der röm. Siege aufgeführt. Unter ihnen aber regte Niemand so tiefe Gefühle auf und ein so heiliges Mitleid, als Armin's Gattin, Thusnelda, ihr neugebornes Knäblein auf dem Arme. Dieses unglückliche Kind wurde später in Ravenna erzogen; doch verschwindet es aus der Geschichte, eh' es in sie eingetreten ist. Das spätere Schicksal seiner Mutter ist gleichfalls unbekannt.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 128-129.
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