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Perikles

[443] Perĭkles war einer von den berühmtesten Staatsmännern und Feldherren von Athen, das er 40 Jahre lang durch seine geistige Überlegenheit und hinreißende Beredtsamkeit mit Hülfe des Volkes leitete und beherrschte, dessen Gewalt im Staate er erweiterte, um selbst mehr zu vermögen. Athen gelangte im Zeitalter des P. (ungefähr von 480.–430 v. Chr.) auf die höchste Stufe von Macht und Ansehen und wurde der Mittelpunkt der ihre höchste Blüte erreichenden griech. Wissenschaft und Kunst. (S. Griechenland.) Durch seine Abkunft zwar mit den vornehmsten Familien von Athen verwandt, glaubte P. doch nicht durch sie mit demselben Erfolge an die Spitze des Staates gelangen zu können, als wenn er sich vielmehr um die Gunst des Volks bewürbe. Erst als er dieser gewiß zu sein glaubte, trat er mit seinen anfangs sorgsam verhüllten, ehrgeizigen Absichten hervor und als Volksführer (s. Demagog) jenen gegenüber, bekam jedoch erst nach dem Tode des berühmten Feldherrn Cimon (450) völlig freie Hand. Durch Aussendung von Colonien an auswärtige, den Athenern neuerdings unterworfene Orte beschäftigte und säuberte er zugleich die Volksmasse von einer Anzahl Müßiger, die immer geneigt waren, Unruhen anzufangen und die Erneuerung eines alten Gesetzes, zufolge dessen nur der Sohn eines Bürgers und einer Bürgerin von Athen für einen atheniens, Bürger gelten sollte, hatte denselben Zweck, indem dadurch 5000 Freie zu Sklaven erklärt wurden. Der Eitelkeit der Athener schmeichelte er durch Aufführung ebenso kostbarer als kunstreicher Gebäude, die noch in ihren Überresten Muster der Vollkommenheit sind, und alle Künste mußten beitragen, Athen zum sogenannten Kleinod Griechenlands zu machen. Die Kosten dieser Unternehmungen bestritt er großentheils aus dem öffentlichen Schatze, welchen Griechenland zur Fortsetzung des pers. Krieges gebildet hatte und den er auf schlaue Weise von der Insel Delos, wo er verwahrt wurde, nach Athen zu versetzen wußte, dessen treulose Verwendung aber nur mit Scheingründen rechtfertigte. Mit besonders neidischen Augen sahen die Spartaner dies Emporstreben Athens, das auch in politischer Hinsicht die erste Stelle einnehmen wollte und durch des P. Siege wider die räuberischen Thrazier, die Befreiung der griech. Städte in Pontus, die Wiedereroberung von Euböa und Samos und seine das Meer beherrschende Flotte, auch den größten Einfluß behauptete. Der nach frühern Kämpfen mit den Bewohnern des Peloponnes von P. im I. 445 auf 30 Jahre zu Stande gebrachte Waffenstillstand wurde daher schon nach 14jähriger Dauer unterbrochen, als die Spartaner drohend für mehre von den Athenern beschädigte kleinere Staaten Ersatz foderten. P. überredete die Athener zur Verwerfung dieses Ansinnens und hierauf begann 431 der peloponnesische Krieg. Auf seinen Rath beschränkten sich die Athener auf ihre wohlbefestigte Stadt und ließen dem überlegenen Feinde das offene Feld, während P. mit der Flotte die Küsten des Peloponnes verheerte und mit weit größerer Beute heimkehrte, als die von selbst abgezogenen Feinde im attischen Gebiete machen konnten. Im folgenden Jahre verhinderte jedoch eine pestartige Krankheit das Gelingen jeder wichtigen Unternehmung und P. verlor darüber den Oberbefehl und mußte sogar eine ansehnliche Geldstrafe erlegen, obgleich ihm nichts Bestimmtes Schuld gegeben werden konnte. Nach kurzer Zeit von Neuem zur Leitung der Angelegenheiten berufen, erlag auch er im I. 429 v. Chr. den Anstrengungen und dem Kummer über das Unglück des Staats und über den Tod seiner von der Seuche weggerafften rechtmäßigen Söhne. Vorher noch hatte ihm das Volk gegen sein eignes Gesetz erlaubt, einen unrechtmäßigen Sohn aus seiner Verbindung mit der Aspasia (s.d.) [443] unter die atheniens, Bürger aufnehmen zu lassen, und bei der Nachricht von seinem drohenden Ableben wurden Gelübde und Opfer für seine Genesung verschwenderisch dargebracht. In seinen letzten Augenblicken nannte er es seinen besondern Ruhm, daß ein Athener nie durch ihn in Trauer versetzt worden sei.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 443-444.
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