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Galgen

[133] Galgen leitet man nicht unwahrscheinlich von dem isländ. »Gagl« (Baum, Ast oder Gipfel) ab und versteht darunter ein Gerüst, oder auch nur einen senkrecht stehenden Pfahl mit einem Querholze, an welchem Missethäter vermittelst eines um den Hals geschlungenen Strickes vom Henker aufgehangen (gehenkt) werden. Man unterscheidet ihrer Bauart nach dreierlei Arten von Galgen. Sind sie permanent und zu diesem Zwecke unten am Fuße mit einer Einfriedigung von Mauerwerk und Pfeilern versehen, wie mm sie am häufigsten in der Nähe der Städte antrifft, so nennt man sie Hochgerichte; Dorfgalgen, wenn sie nur aus drei gemauerten Säulen oder ebenso viel hölzernen Pfosten bestehen, und versteht endlich unter Knie- oder Schnellgalgen solche Galgen, die von einem einzigen, mit einem Arme versehenen Pfahle gebildet werden. Der Gebrauch der Galgen zur Vollziehung der Todesstrafe ist sehr alt und kam bei den Israeliten schon in den ältesten Zeiten vor. In Europa trat die Strafe des Galgens an die Stelle der Kreuzigung, welche Konstantin der Große abschaffte. Auch Privatpersonen durften in frühern Zeiten auf ihren Territorien Galgen errichten, jedoch nur dann, wenn sie vom Landesherrn ausdrücklich mit dem »Blutbann, Stock und Galgen« belehnt waren. Man hielt von jeher die Orte, wo Galgen stehen, für verrufen; die Galgen mußten daher so weit von der Grenze entfernt sein, daß ihr längster Schatten nicht auf das fremde Gebiet fallen konnte. Gegenwärtig nimmt man dafür gewöhnlich einen Abstand von 24 Ellen an. Da jede Berührung des Galgens und jede Beschäftigung mit demselben nach den frühern Begriffen anrüchig machte, »infamirte« – daher die Schimpfwörter »Galgenstrick, Galgendieb, Galgenvogel« u.a.m. – so war das Erbauen und selbst das Ausbessern eines Galgens mannichfachen Solennitäten unterworfen. So mußten bei Errichtung eines Galgens die Mitglieder sämmtlicher dabei erfoderlicher Handwerke des Orts, dem die Erbauung desselben oblag, den Bau zugleich anfangen, und dies geschah nur erst dann, wenn vorher der Beamte des Orts feierlich erklärt hatte, daß Niemanden der Bau infamiren solle und hierauf selbst die erste Hand an den Bau gelegt [133] hatte. In neuerer Zeit ist die Todesstrafe des Hängens in vielen Staaten, außer in England, aufgehoben und hiermit zugleich das Aufhängen der Missethäter im Bildnisse abgeschafft worden. Die letzterwähnte Strafe tritt dann ein, wenn der zum Strange Verurtheilte sich durch die Flucht gerettet hat. Allgemein gebräuchlich ist es noch, im Kriege Spione zu hängen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 133-134.
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