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Bilderdienst

[250] Bilderdienst Die Vorliebe für das sinnlich Wahrnehmbare verleitete die Menschen sehr frühzeitig, sich die Wesen, welche sie als Götter verehrten, unter einer Gestalt zu denken, die sich abbilden ließ. Sehr bald folgte die Abbildung selbst und so entstanden die Götzenbilder, in denen man endlich den eingebildeten Gott selbst zu sehen meinte, daher Bilderdienst auch gleichbedeutend mit Götzendienst gebraucht wird. Vorzugsweise versteht man aber darunter die Verehrung, welche in christlichen Kirchen den Abbildungen oder Bildsäulen Christi, der Maria und der Heiligen erwiesen wird.

In den drei ersten Jahrhunderten n. Chr. herrschte entschiedene Abneigung gegen Heiligenbilder bei den Bekennern der christlichen Religion, da durch die ersten Christen, welche meist Juden gewesen waren, das Mosaische Verbot der bildlichen Darstellung der Gottheit in die neue Religion übertragen wurde und das Heidenthum der neuen Lehre noch drohend gegenüberstand. Nachdem aber der Triumph des Christenthums entschieden war, erwuchsen manche bisher unentwickelt gebliebene schädliche Keime schnell zu gewaltigen Misbräuchen, welche der erhabenen Einfalt der Lehre Christi Eintrag thaten. Mit dem Aufhören der Scheu vor dem Heidenthume knüpfte sich an die Verehrung des Kreuzes als Wahrzeichen der Christen und an den Besuch der Gräber der Märtyrer und anderer heiliger Orte, von wo man Abbildungen derselben zum Andenken mitzubringen pflegte, die Verehrung dieser Bilder, von denen bald zahllose Wundergeschichten in Umlauf kamen. Die Hinneigung zu heidnischen Gebräuchen schien nun wenig gefährlich, ja Manche sahen [250] darin sogar ein Mittel, das die Bekehrung der Götzendiener erleichtern helfe, und so folgte die sinnliche Menschennatur ungehindert ihrem Hange. Schon im 5. Jahrh. waren alle christlichen Kirchen mit Abbildungen, vorzüglich Christi und der Jungfrau Maria angefüllt, sodaß zu Anfange des 8. Jahrh. der griech. Kaiser Leo der Isaurier auf Anrathen einiger Bischöfe den Bilderdienst verbieten wußte. Zugleich ließ er die Bilder in den Kirchen so hoch hängen, daß sie nicht mehr geküßt und geschmückt werden konnten. Da dessenungeachtet die Verehrung der Bilder fortgesetzt wurde, erließ Leo 726 den Befehl, alle Bilder und Statuen, mit Ausnahme derjenigen, welche Christus vorstellten, aus den Kirchen und wo es deren sonst gab, zu entfernen und zu vernichten, sowie die an den Wänden der Kirchen zu übertünchen, was nicht ohne Gewaltthätigkeiten und Blutvergießen abging. Das gemeine Volk leistete mit den Mönchen vereinigt Widerstand und überall tobte im griech. Kaiserthume der Kampf zwischen Bilderverehrern und ihren Gegnern, welche den Namen Bilderstürmer erhielten. Dieser Kampf dauerte theilweise auch unter Leo's beiden Nachfolgern fort, bis er im J. 787 durch die Kaiserin Irene, welche die Regierung an sich brachte, mit Wiederherstellung des Bilderdienstes aufhörte, wodurch sie die Menge für sich gewann. Nachdem Irene 802 vom Throne gestoßen worden war, erneuerte sich der Streit und wurde erst 842 durch die Kaiserin Theodora auf einer Kirchenversammlung zu Konstantinopel mit erneuerter Wiederherstellung des Bilderdienstes geendigt. Unter die wichtigsten Folgen des Bilderstreites gehört aber die Begründung der päpstlichen Macht in Italien und die Herstellung des röm. abendländ. Reiches. Die Päpste nahmen nämlich die Bilder in Schutz, erklärten die abendländ. Kirche für getrennt von der morgenländ. und benutzten so das Verfahren der griech. Kaiser, um Italien der Oberherrschaft derselben zu entziehen, was jene vergebens durch wiederholte Kriege zu verhindern suchten. Im Abendlande nahm darauf der bis dahin weniger verbreitete Bilderdienst ebenfalls überhand, indeß unterscheiden beide Kirchen dabei zwischen Anbetung, welche nur Gott gebühre, und Verehrung, die nur eine vermehrte Achtung sei.

Zur Zeit der Reformation, welche mit dem Heiligendienste auch allen Bilderdienst bei den Protestanten abschaffte, erneuerte sich die Bilderstürmerei in Wittenberg und Orlamünde durch Karlstadt (s.d.) und später erhob sich noch ein Bildersturm 1535 in der Schweiz und 1566 in den Niederlanden. Die evangelisch-lutherische Kirche hemmte jedoch diesen Unfug, indem sie Gemälde von Gegenständen aus der heiligen Geschichte für einen passenden Kirchenschmuck anerkannte, worin die bischöfliche englische Kirche mit ihr übereinstimmt, während die Reformirten durchaus keine Bilder in den Kirchen dulden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 250-251.
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