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Tempel, der

[553] Der Têmpel, des -s, plur. ut nom. sing. ein zum öffentlichen Gottesdienste gewidmetes Gebäude, da es denn von einem sehr weiten Umfange ist, und eigentlich ein jedes Gebäude dieser Art bedeutet, es mag nun der wahre Gott, oder auch falsche Götter und Götzen darin verehret werden. Der Tempel Salomonis. Der Tempel zu Jerusalem. Ein heidnischer Tempel, ein Götzentempel. Wegen des Tempels der ehemaligen Juden werden auch noch die Synagogen oder Versammlungsörter der heutigen Juden im gemeinen Leben Tempel oder Judentempel genannt. So allgemein nun auch die Bedeutung dieses Wortes ist, so ist es doch von den gottesdienstlichen Versammlungshäusern der Christen in dem gewöhnlichen Sprachgebrauche nicht gangbar, indem selbige Kirchen genannt werden, so wie die ähnlichen Gotteshäuser der Türken unter dem Nahmen der Moscheen bekannt sind, obgleich in der höhern Schreibart auch beyde Tempel genannt werden. Es scheinet daher, daß Têmpel eigentlich ein solches gottesdienstliches Gebäude bezeichnet, in welchem die Gottheit unter einer sichtbaren Gestalt verehret wird, welches denn auch von dem Tempel der ältern Juden galt.

Anm. Schon im Isidor Tempil, im Tatian im ungewissen Geschlechte thaz Tempel. Es ist allem Anscheine nach aus dem Griech. und Latein. Templum in die Deutsche Sprache gekommen, welches Stukeley von τεμενος, ein abgesonderter Ort ableitet. Merkwürdig ist indessen, daß im Nieders. Tempel eine Kammer in der Höhe, tempeln, auftempeln, aufthürmen, hoch aufhäufen, und Tempeltoorn, einen hohen Haufen bedeuten, welche wohl schwerlich für Figuren des Lat. Templum gehalten werden können. Es scheinet daraus vielmehr zu erhellen, daß Tempel ein altes Europäisches Wort gewesen, welches einen hohen Haufen, ein hohes Gebäude, ein in der Höhe befindliches Ding bedeutet hat, und das Stammwort des Latein. Templum gewesen, wo es besonders ein hohes gottesdienstliches Gebäude bezeichnet hat, welche Bedeutung denn nachmahls auch wieder in das Deutsche aufgenommen worden. Ein Verwandter in dieser Bedeutung der Höhe ist Damm, Siehe[553] dasselbe, ingleichen Tempelstock. Bey den Tuchmachern und Ablaß-Webern heißt die Sperruthe der Tempel, Böhm. Templ.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 553-554.
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