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Sicher

[78] Sícher, -er, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich von der Gefahr zu fallen, und in weiterer Bedeutung, von jeder Gefahr befreyet; wo es auf doppelte Art gebraucht wird. (1) Von dem Dinge, welches sich außer Gefahr befindet, von der Gefahr befreyet ist. (a) Eigentlich, wo es doch nur als ein Nebenwort üblich ist. Vor dem Fallen sicher seyn. Eine Sache sicher stellen, sie außer Gefahr setzen, von der Gefahr befreyen. Ich stehe hier sehr sicher. Sich sicher wissen, überezugt seyn, daß man keine Gefahr befürchten dürfe. Wegen dieser Sache bin ich sicher. Das Pferd gehet sehr sicher. Sicher wohnen. Nirgends sicher seyn. (b) Figürlich oder in engerer Bedeutung ist sicher, von der[78] Furcht vor Gefahr oder vor einem Übel befreyet, wo es auch als ein Beywort üblich ist. Jemanden sicher machen. Sicher schlafen. Ihr Sichern werdet zittern, Es. 32, 10. Ein sicherer Sünder. Du kannst dich mir nun sicher zeigen. Du kannst mirs sicher offenbaren. Gemeiniglich versinken wir in unserm Unglücke, weil wir zu sicher in unserm Glücke waren. Wenn es als ein Beywort gebraucht wird, so hat es gemeiniglich den Nebenbegriff der unerlaubten Sorglosigkeit bey einer wirklichen Gefahr bey sich. (2) Von denjenigen Dingen, deren man sich ohne Gefahr bedienen kann, sowohl in der adverbischen als adjectivischen Form. Der Weg ist sicher. Ein sicherer Weg. Es ist hier nicht sicher. Eine sichere Gelegenheit. Ein sicheres Pferd, welches nicht strauchelt, sicher gehet. Sicheres Geleit, welches uns Sicherheit gewähret. Sichere Arzneymittel, bey welchen man keiner Gefahr ausgesetzt ist.


Du streust Rosen und Jesmin

Auf die sichern Pfade hin,

Die ich gehe,

Weiße.


2. In engerer Bedeutung. (1) Von der Gefahr zu irren befreyet, gewiß. Ein Geschmack, welcher durch die schönen Künste feiner und sichrer geworden. Eine sichere Hand, in den bildenden Künsten. (2) Von der Gefahr des Gegentheils befreyet, gleichfalls für gewiß, und zwar, (a) eigentlich, wo es doch nur objective üblich ist, von der Sache, welche mit Überzeugung erkannt wird. Eine sichere Nachricht, auf welche man sich verlassen kann. Ein sicherer Beweis. Ich habe es ihm sicher versprochen. Du kannst dich sicher darauf verlassen. Ich habe die sichersten Merkmahle davon. (b) Figürlich wird es auch von solchen Dingen gebraucht, von welchen man nur einige allgemeine Bestimmungen weiß, oder die man nur auf eine ganz allgemeine Art bezeichnen will. Ein sicherer Freund hat mir gesagt, u.s.f. Ein sicherer Hof soll sich sehr lebhaft zum Kriege rüsten. Wofür doch in der anständigen Sprechart gewiß üblicher ist.

Anm. Bey dem Kero sihhur, bey dem Ottfried sichor, im Nieders. seker, im Schwed. säker, im Franz. sur, im Wallis. sicer, im Latein. securus, im Griech. ἑχυρος. Die Sylbe er ist die Ableitungssylbe, welche Beywörter bildet; es kommt daher hier nur auf die Sylbe sich an, deren eigentliche Bedeutung aber hier so ausgemacht noch nicht ist, indessen scheinet sie fest, unbeweglich, stark bedeutet zu haben, und zu dem Angels. segga, tapfer, stark, zu gehören. Auf ähnliche Art ist im Nieders. wehlig, sicher, welches mit wehlig, stark und munter, stark und thätig, verwandt zu seyn scheinet. S. Sicherpfahl.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 78-79.
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