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Schwinden

[1753] Schwinden, verb. irreg. Imperf. ich schwand; Mittelw. geschwunden; Imperat. schwinde. Es erfordert das Hülfswort seyn, und bedeutet, 1. * schnell im Kreise beweget werden; eine jetzt veraltete Bedeutung, von welcher indessen noch unser Schwindel abstammet. 2. Sich schnell vorüber bewegen. 1) * Eigentlich; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher man noch im Niedersächsischen sagt, alles schweinen oder schwinden lassen, alles gehen lassen, zu allem durch die Finger sehen. Siehe Geschwinde, welches von dieser Bedeutung abstammet. 2) Figürlich. (a) Vergehen, schnell aufhören zu seyn, oder doch empfunden zu werden; in welcher Bedeutung jetzt verschwinden üblicher ist. Ehedem sagte man dafür nur schwinden. Wenn der Priester siehet, daß das Eiterweiß schwindet, 3 Mos. 13, 39. Und die höhere Schreibart ziehet dieses einfache Zeitwort noch zuweilen dem zusammen gesetzten vor. Das Auge der Welt neigt sich und geht unter, Farben ermatten und schwinden, Herd. Nun schwindet des Winters Gestalt, Haged. (b) Schwinden lassen, fahren lassen, besonders im Oberdeutschen und der gemeinen Sprechart der Hochdeutschen. Einen Verdacht schwinden lassen. Ich will zehen Thaler schwinden lassen, fallen lassen. (c) Unvermerkt an körperlichem Umfange abnehmen. Das Holz schwindet, wenn es trocken wird. Das Eisen setzt sich nach dem Gusse und schwindet. So bald die Sonne die Fettigkeit aus dem Kütte gezogen, schwindet er und springt ab. Ein Glied schwindet, wenn es an körperlichem Umfang und Kräften abnimmt, gleichsam abstirbt, welchen Zufall man auch wohl den Schwind zu nennen pflegt. Figürlich auch wohl für abnehmen, vermindert werden überhaupt.


Indessen fühl ich wohl, daß meine Kräfte schwinden,

Canitz.


Die guten Künste schwinden

Und nehmen täglich ab,

Opitz.


So auch das Schwinden.

Anm. Bey dem Ottfried ohne d, dem oft ungebethenen Begleiter des Nasenlautes, suinen, im Niedersächs. swinen, sweinen, im Angelsächs. aswinan, im Schwed. svinna, im Isländ. swina, mit einem andern Vorlaute im Niedersächs. dwinen, im Isländ. dwina, im Schwed. tvina, im Engl. to dwine, to dwindle. Schwind und schwinden sind natürliche Ausdrücke einer schnellen, leichten Bewegung, zu deren Geschlechte auch Wind, wenden u.s.f. und mit andern Endlauten auch schwingen, Schwanz, u.s.f. gehören. In Baiern ist Schwinderling eine Maulschelle, gleichfalls eine Onomatopöie der schnellen heftigen Bewegung.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1753.
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