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Arm, der

[430] Der Arm, des -es, plur. die -e, Diminutivum das Ärmchen, Oberdeutsch Ärmlein. 1. Eigentlich, der Theil des menschlichen Körpers von der Schulter bis an die Hand, oder in engerer Bedeutung, welche auch in der Zergliederungskunst üblich ist, der Theil von der Schulter bis an den Elbogen, dagegen der Theil von diesem bis an die Hand der Vorderarm heißt. Die Arme nach einem ausstrecken. Einen in die Arme nehmen, in die Arme schließen. Einen mit offenen Armen, mit ausgestreckten Armen empfangen. Ein Kind auf den Arm nehmen, es auf den Armen tragen. Er hatte seinen Arm um meinen Nacken geschlungen.


Ein freyer Arm ist hundert Arme werth,

Die für die Tyranney die Schwerter ziehn,

Weiße.


Ein Arm voll, drey Arme voll. Der mannigfaltige Gebrauch, welchen man von diesem Gliede macht, hat zu verschiedenen figürlichen Redensarten Gelegenheit gegeben. Denn man bezeichnet dadurch, 1) Stärke, Macht, besonders in der biblischen R.A. eines Arm stärken, eines Arm zerbrechen, u.s.f. welche aber außer dem nicht üblich sind. Ingleichen, wo von dem Arme Gottes geredet wird. Der strafende Arm des Himmels muß über ihn schon ausgestrecket seyn, v. Brawe. 2) Gewalt. Der geistliche Arm, der weltliche Arm, die geistliche, die weltliche Gerichtsbarkeit. Könige haben lange Arme. Einem in die Arme fallen, sich einem in die Arme werfen, sich seiner Gewalt freywillig unterwerfen, ingleichen, seine Zuflucht zu ihm nehmen.


Fall jetzt dem Ewigen mit Thränen in die Arme,

Weiße.


Ich sollte schweigen, wenn du deinem Verderben in die Arme eilest? Dusch. 3) Gewalt mit Zärtlichkeit verbunden. Ich will mich wieder in die Arme der Weisheit werfen, und sehen, ob ich meinen Schmerz durch ihre Gründe erleichtern kann, Weiße. O Liebe und Freundschaft, nichts soll mich in Zukunft euren Armen entreißen! ebend. Meine Thränen sollen dir in den Armen der Wollust nimmer Ruhe lassen, Dusch. Nichts hätte dich zurück halten sollen, dich in die offnen Arme deiner Freunde zu werfen. Sie sank in die Arme des Schlafes, und erwachte nicht eher u.s.f. 4) Hülfe, Beystand. Einem unter die Arme greifen, im gemeinen Leben.


Es stellet sich das Glück mit offnen Armen ein,

Haged.


2. In weiterer und figürlicher Bedeutung. 1) An den Pferden, der Vorderschenkel von der Schulter bis an das Knie. Luther hat 5. Mos. 18, 2. den Ochsen und Schafen gleichfalls Arme beygelegt, obgleich solches wider den Sprachgebrauch ist. Dagegen heißen bey den Jägern die Vorderläufte des Bären Arme. 2) Von einiger Ähnlichkeit, ein Theil eines Ganzen, der sich von demselben entfernet. So verstehet man unter einem Arme des Meeres einen Theil des Meeres, der tief in ein Land hinein gehet. Der Arm eines Flusses, ist theils ein anderer Fluß, der sich in denselben ergießet, theils einer von mehrern Ausflüssen in das Meer. 3) Besonders der hervor ragende Theil eines Ganzen, der zum Tragen bestimmt ist. Die Arme an einer Wage, die zwey Hälften des Wagebalkens, welche die Schalen tragen. Die Arme an einem Wagen, zwey gebogene Stücke Holz an dem Gestelle des Vorderwagens, welche hinten an die Achse fest gemacht sind, und vorn das dicke Ende der Deichsel zwischen sich halten;[430] Franz. Armon. Am Hinterwagen heißen sie die Schere. Die Arme eines Kron- oder Wandleuchters, die Theile, worauf die Lichter gesteckt werden. An einer Säge sind es die zwey äußersten Hölzer, zwischen welche das Sägeblatt befestigt ist. An einem Rammblocke, die eisernen Ringe oder Klammern, mit welchen der Bär an der einen Latte auf und nieder steigt. In den Bergwerken heißet Arm ein beschlagenes Holz in der Welle an dem Geschleppe, in welchem das Stangeneisen befestigt ist, und in den Pochwerken, den Stampfmühlen u.s.f. werden die Hölzer in der Welle, welche die Stämpel oder Stampfen aufheben und fallen lassen, gleichfalls Arme genannt.

Anm. Arm, bey dem Ulphilas Arms, bey dem Kero Arame, bey dem Ottfried und Notker Arim, Arum, Arm, bey den Angelsachsen Eorm, bey den Engländern, Dänen und Schweden Arm, hat mit dem Griech. αρμος, und Latein, Armus zu viele Gleichheit, als daß man selbige sollte verkennen können. In einigen Oberdeutschen Gegenden lautet der Plural dieses Wortes die Armen, und schon Ottfried sagte thie armon; allein im Hochdeutschen ist dieses eben so unrichtig als wenn er bey andern die Ärme heißt. Von dem ungewöhnlichen Verbo armen, ist das Particip. Passiv. gearmet, in den Zusammensetzungen langgearmet, kurzgearmet, mit langen, kurzen Armen versehen, hin und wieder im gemeinen Leben üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 430-431.
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