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Antlitz, das

[393] Das Antlitz, des -es, plur. die -e, eine Benennung des Angesichtes, welche aber im gemeinen Leben nicht mehr üblich ist, sondern nur in der höhern Schreibart gebraucht wird, besonders von dem Angesichte solcher Personen, welchen man Ehrerbiethung schuldig ist.


Umsonst umfloß der Himmel, mit Sternen übersät,

Ihr hingebücktes Antlitz in heller Majestät,

Dusch.


Und wenn sie im Schlummer

Ihren Geliebten noch sieht, beugt sie sich über sein Antlitz,

Zach.


[393] In Luthers Bibel kommt dieses Wort sehr häufig, und oft mit Hebraismen vor, welche außer der biblischen Schreibart nicht nachgeahmet werden dürfen.

Anm. Antlitz lautet im Niedersächs. Antlaat und Antlaut, bey den Gothen Andawleiz, und Wlits, bey dem Isidor Anthlutt, bey dem Ottfried, Tatian und Willeram, Anluzzi, Anluza, Anluz, Antluzze, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter Antluozze, bey dem Stryker Antlitz, bey den Angelsachsen Andwlite, bey den Isländern Andlite, bey den Schweden Anlete, und bey den Dänen Anled. Die letzte Sylbe dieses Wortes ist von dem alten litan, sehen, welches bey den Gothen und Angelsachsen wlitan lautete, und womit so wohl das Griech. λευσσω, als auch das Latein. vultus, ingleichen das Hochdeutsche lassen, und Nieders. laten, in der Bedeutung des Scheinens, überein kommen. Selbst in den Slavonischen Mundarten finden sich Spuren von diesem alten Zeitworte; denn das Russische Litza, und Lischtsche, das Angesicht, das Bömische Lice, die Wangen, und Oblitschei, das Gesicht, das Krainische Oblizhje und Polnische Oblieze, beyde das Gesicht, können die Ähnlichkeit mit litan, sehen, wohl schwerlich verläugnen. S. auch Blitz. Was die erste Sylbe betrifft, so hält man sie gemeiniglich für das veraltete Vorwort ant oder ent, gegen, wider, (S. Ent-,) welches noch in diesem Worte und in Antwort sein altes a behalten hat. Allein, da sich dasselbe hier nicht ohne einen merklichen Zwang erklären lässet, so scheinet das Vorwort an sich besser hierher zu schicken, zumahl da das Schwedische und Dänische Anlete, und Anled hier gleichfalls kein t erkennen, welches in den übrigen Mundarten das t euphonicum seyn kann, welches dem n in mehrern Fällen nachgesetzet wird. Antlitz würde also denjenigen Theil des Körpers bedeuten, mit welchem man die Gegenstände ansiehet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 393-394.
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